Landtagswahl in Niederösterreich: Wahlerfolg trotz Nazi-Liedern

Die ÖVP verliert nur einen Sitz und kann mit 29 von 56 Mandaten weiter regieren. Insgesamt haben alle Parteien Stimmen dazugewonnen.

Eine Frau mit kurzen blonden Haaren gestikuliert, während sie vor vielen Mikrofonen spricht

Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bleibt die Landeshauptfrau Niederösterreichs Foto: dpa

WIEN taz | Bei der Landtagswahl in Niederösterreich gab es gleich mehrere Sieger. Die amtierende Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner von der ÖVP konnte nach ersten Hochrechnungen die absolute Mehrheit knapp verteidigen. Die schwächelnde SPÖ konnte unter ihrem neuen Spitzenkandidaten Franz Schnabl leicht zulegen (von 21,6 auf 23,7 Prozent), die Grünen bleiben mit 6,4 Prozent im Landtag, was nach dem Rausflug aus dem Nationalrat schon als Erfolg zu werten ist.

Die erstmals kandidierenden NEOS schafften mit 4,9 Prozent den Einzug. Die Zugewinne für alle Parteien waren möglich, weil die populistische Partei „Team Stronach“ in dem flächenmäßig größten Bundesland Österreichs nicht mehr antrat und somit zehn Prozent der WählerInnen „auf dem Markt“ waren. Die FPÖ konnte ihren Stimmenanteil von 8,2 auf 14,9 Prozent sogar fast verdoppeln.

Deren Frontmann Udo Landbauer hatte die Schlagzeilen der letzten Zeit praktisch allein beherrscht. Allerdings nicht im positiven Sinn. Die Wochenzeitung Falter hatte einen Blick in das Liederbuch der „pennalen Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt“ geworfen, der Landbauer als stellvertretender Vorsitzender angehörte. Dort fanden sich zum traditionellen Sauflied „Es lagen die alten Germanen“ ein paar hinzugedichtete Strophen, darunter die Zeile: „Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million.“

In der nächsten Strophe geht es dann launig weiter: „Da schritt in ihre Mitte ein schlitzäugiger Chines: Auch wir sind Indogermanen und wollen zur Waffen-SS.“ Angereichert ist das Gesangsbuch durch Loblieder auf die mörderische Legion Condor der Wehrmacht und andere Gesänge aus der Nazizeit.

Kein Verständnis für Kritik

Während selbst FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, als Vizekanzler zu staatsmännischem Auftreten verpflichtet, scharfe Worte für das Fundstück aus der Truhe der Ewiggestrigen fand, sah sich Landbauer als Opfer einer linksextremen Hetze. Die Lieder will er nicht gekannt haben. In den ihm bekannten Gesangsbüchern seien die betreffenden Seiten geschwärzt oder herausgerissen gewesen.

Er sah sich aber gezwungen, seine Mitgliedschaft in dem stramm rechten Verein „ruhend zu stellen“. Erst als die Staatsanwaltschaft gegen die Burschenschaft als Ganzes wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung zu ermitteln begann, trat er aus. Verständnis für die Kritik an burschenschaftlichem Gedankengut zeigte der 31-jährige nicht. In die letzten Tage des Wahlkampfs zog er mit dem Schlachtruft „Jetzt erst recht!“.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), für den das Verharmlosen von Ausritten seiner Regierungspartner schon fast zur Routine geworden ist, verurteilte zwar die Liedtexte als „rassistisch, antisemitisch und absolut widerwärtig“, sah aber keine Veranlassung, den Kandidaten des Koalitionspartners zum Rücktritt zu drängen. Konsequenter zeigte sich da Mikl-Leitner. Sie schloss eine Zusammenarbeit mit Landbauer in der niederösterreichischen Landesregierung aus.

In Niederösterreich schreibt die Landesverfassung noch vor, dass die Regierung proportional besetzt wird. SPÖ und ÖVP sind daher automatisch in der Landesregierung vertreten und müssen Ressorts bekommen. Allerdings gibt es die Möglichkeit, mit den Parteien, die eine Mehrheit im Landtag garantieren, eine Koalition zu schließen, die dann Regierungsübereinkommen heißt. Das wird Mikl-Leitner nicht brauchen. Die ÖVP verliert nur einen Sitz und kann mit 29 von 56 Mandaten regieren.

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