Gastkommentar Genitalverstümmelung: 250 Millionen Frauen ohne Lobby

Auch die Frauen Afrikas haben das Recht, nicht vergessen zu werden. Waris Dirie über Genitalverstümmelung und eine frauenverachtende Gesellschaft.

Eine Frau spricht am Mikrofon

Waris Dirie war von 1997 bis 2003 UN-Sonderbotschafterin gegen die Beschneidung weiblicher Genitalien. 2002 gründete sie die Desert Flower Foundation Foto: Imago/Stefan Zeitz

Der 6. Februar ist der Internationale Tag gegen Genitalverstümmlung und laut UNO-Generalsekretär António Guterres sind heute weltweit mindestens 250 Millionen Frauen betroffen.

Ich selbst habe als kleines Mädchen diese unglaublich grausame Folter in der Wüste Somalias durchlitten und wäre beinahe gestorben. Ich habe extrem brutale physische und sexuelle Gewalt in meiner Familie und in unserem Land Somalia gegen Frauen und auch gegen mich selbst erlebt.

Als Mädchen und Frau zählst du NICHTS. Man kann dich verprügeln, vergewaltigen, genital verstümmeln, kaufen oder verkaufen und dich wegwerfen, wenn man dich nicht mehr will. Du wirst täglich gedemütigt, erniedrigt und gebrochen, lernst das alles hinzunehmen und zu akzeptieren.

Ich habe diese frauenverachtende Gesellschaft nie akzeptiert, mich als Kind dagegen aufgelehnt, bin mit 13 Jahren vor einer Zwangsverheiratung geflüchtet und habe mich vor 20 Jahren entschlossen meine Mission gegen Genitalverstümmlung (FGM) und gegen Gewalt an Frauen zu starten.

Ich unterstütze die #MeToo Bewegung, weil sie notwendig und richtig ist. Als Menschenrechtsaktivistin habe ich viele berühmte Menschen, Hollywood-Stars, Nobelpreisträgerinnen, Supermodels, Olympiasiegerinnen und Spitzenpolitikerinnen getroffen, die mir für meine Mission wohlwollend auf die Schulter geklopft haben. Und dabei ist es auch geblieben.

In Afrika leben ungefähr 600 Millionen Frauen und Mädchen und die Hälfte ist unter 15 Jahre alt! Auch sie haben ein Recht, dass man sie nicht vergisst, ihnen geholfen wird und dass man sie aus dem Teufelskreis von Gewalt und Respektlosigkeit befreit.

Als afrikanische Frau rufe ich im Namen der Frauen Afrikas und aller Frauen in der Dritten Welt, die täglich Opfer von grausamer physischer und sexueller Gewalt werden und die keine Lobby in Hollywood haben: Bitte vergesst uns nicht! #WeToo

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ist Model, Menschenrechtsaktivistin und Bestsellerautorin. Sie stammt aus Somalia, lebt in Österreich und kämpft seit Jahren gegen Genitalverstümmlung.

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