Kommentar Überwachung von Reportern: Autoritäre Logik

Das Redaktionsgeheimnis wird durch das neue BND-Gesetz ausgehöhlt. Warum Reporter ohne Grenzen nun dagegen klagt.

Der Neubau der BND-Zentrale in Berlin

Der BND überwacht gerne, auch Journalisten: Die neu errichtete Geheimdienstzentrale in Berlin Foto: dpa

Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten bei einer Behörde, erfahren dort von einem Korruptionsskandal und möchten, dass er aufgeklärt wird. In einer Demokratie müssten eine naheliegende Anlaufstelle für Sie als Whistleblower Journalisten sein, die ihre Quellen schützen können. Dazu gibt es Sonderrechte für Medien, etwa hohe Hürden bei der Überwachung ihrer Kommunikation.

Dass autoritäre Staaten solche Freiheitsrechte missachten und Journalisten ausspionieren, ist traurige Realität. Leider hat sich auch Deutschland in diese Reihe gestellt. Das neue Gesetz für den Bundesnachrichtendienst folgt einer autoritären Logik: Es dreiteilt das Menschenrecht auf Pressefreiheit abhängig von der Nationalität. Deutsche sollen angeblich nicht überwacht werden, EU-Bürger nur mit Einschränkungen, und der Rest der Welt ist vogelfrei. Sonderrechte für Journalisten? Gibt es gar nicht.

Diese Logik lehnen wir ab, denn Pressefreiheit darf kein exklusives Recht für Deutsche sein. Reporter ohne Grenzen hat deshalb mit fünf weiteren Organisationen eine Verfassungsbeschwerde gegen das neue BND-Gesetz eingereicht, mit der Journalisten aus der ganzen Welt ihre Grund- und Menschenrechte einklagen wollen.

Einer der Beschwerdeführer ist der mexikanische ­Investigativjournalist Raúl Olmos. Er hat einen Überwachungsskandal aufgedeckt, von dem auch viele Journalisten betroffen sind. Die mexikanischen KollegInnen spüren täglich, wie drängend das Problem der Überwachung sein kann. Aber es sind nicht nur die anderen, es ist leider auch Deutschland: Wenn der BND Daten mit „befreundeten“ Geheimdiensten tauscht, weiß kein Journalist mehr, ob er noch sicher kommunizieren kann. Das schreckt Quellen ab.

Das betrifft auch deutsche Journalisten, die bei Recherche-Kooperationen wie den Paradise Papers in Netzwerken arbeiten und Informationen teilen. Hier höhlt der BND das Redaktionsgeheimnis in Deutschland durch die Hintertür aus – und die so fern ­scheinende BND-Überwachung ist plötzlich ganz nah.

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ist seit 2012 Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen. Zuvor arbeitete er als Journalist bei verschiedenen Print- und Onlinemedien.

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