Waagenbau, Astra Stube und Fundbureau: Neues Zuhause für Clubs

Die Stadtentwicklungsgesellschaft will am Bahndamm Sternschanze ein Kulturhaus für heimatlos gewordene Clubs bauen. Die Idee hat auch Gegner.

S-Bahn-Gleise auf einer Trasse führen in ein rotes Backsteingebäude. Davor ein breiter Gehsteig und eine Straße.

Kulturgut oder Grünzeug? Kritiker wollen die Bäume entlang des Bahndamms erhalten Foto: Miguel Ferraz

HAMBURG taz | Wieder eine neue Idee: Seitdem seit einigen Jahren klar ist, dass die Deutsche Bahn die Sternbrücke an der Ecke Holstenstraße/Max Brauer-Allee erneuern will und im Zuge dessen gleich drei Musikclubs obdachlos werden, standen schon viele Ausweichorte zur Diskussion. Nun der Nächste. Entlang des Bahndamms an der S-Bahn-Station Sternschanze will die Stadtentwicklungsgesellschaft (Steg) ein Kulturhaus errichten, in dem die Astra Stube, das Fundbureau und der Waagenbau unterkommen könnten.

Die Bezirksversammlung Altona einigte sich nun darauf, die Grundidee sowohl in einer Stadtteilkonferenz als auch den AnwohnerInnen vorzustellen. In den nächsten Wochen ist deshalb eine öffentliche Anhörung geplant.

Nach ersten Überlegungen könnte zwischen der Bahntrasse und dem Zufahrtsweg zum Mövenpick-Hotel ein Neubau auf dem dortigen Grünstreifen entstehen. Neben den drei Clubs wäre im Neubau auch noch Platz für kleineres Gewerbe. Insgesamt geht es um eine Fläche von 3000 bis 4000 Quadratmetern auf mehreren Etagen. Die Fläche ist städtisches Eigentum.

„Die Mietpreise, auch für Räume der Kulturschaffenden und Kreativen, gehen durch die Decke und deshalb schwindet die Szene“, sagt Kurt Reinken von der Steg. St. Pauli und Sternschanze seien nun mal die Clubquartiere Hamburgs, deshalb mache es keinen Sinn Ausweichorte fernab für die Clubs zu suchen.

„Zudem gäbe es entlang des Bahndamms auch keine großen Probleme mit zu hoher Lautstärke und Schallschutzanforderungen“, sagt Reinken. Schließlich befinden sich in unmittelbarer Nachbarschaft keine Wohnhäuser. An der Stern­brücke gab es in den vergangenen Jahren immer wieder Probleme mit Lärmbeschwerden durch NachbarInnen. Häufig fehlt den Clubs für die notwendigen Baumaßnahmen das Geld.

Das Hamburger Clubkombinat fordert mit einer Petition den Senat auf, bessere Arbeits- und Rahmenbedingungen für ClubbetreiberInnen, sowie einen Schutz kultureller Freiräume zu erwirken. Es gelte die Bewahrung und Weiterentwicklung von Musikspielstätten als soziale und kulturelle Orte von Seiten der Politik, schreibt das Kombinat.

Zu den Forderungen zählt die Einrichtung eines Fonds, Lärmschutz und grüne Energie von zwei Millionen Euro jährlich.

Vor Kurzem wurde bekannt, dass der Club „Moloch“ in der Hafencity voraussichtlich wegen Lärmbeschwerden schließen muss. Dem Betreiberkollektiv fehlt das Geld für die geforderten Baumaßnahmen.

Allerdings stößt die Idee nicht auf ungeteilte Begeisterung. So hatte der Stadtteilbeirat bereits seinen Unmut geäußert und ist gegen eine Bebauung, weil dafür auf der Grünfläche rund 50 Bäume gefällt werden müssten. So sei bei der Sanierung der Straße vor vier Jahren eigentlich versprochen worden, diese Grünflächen zu erhalten und zu verschönern.

Auch die Grünen in der Bezirksversammlung sehen die Idee kritisch. „Es ist gut, dass es nun zunächst eine öffentliche Anhörung gibt. Die SPD wollte die Sache einfach ohne Bürgerbeteiligung durchziehen“, sagt deren Bezirksabgeordneter Holger Sülberg. Zudem bedeute eine Bebauung wieder einmal eine Verringerung städtischer Grünflächen. „Auch ist zu bedenken, dass ein Neubau Einfluss auf den angrenzenden Schanzenpark haben wird“, sagt Sülberg.

Für die Steg steht hingegen noch gar nicht fest, ob wirklich alle Bäume gefällt werden müssten. „Denkbar ist auch eine Bebauung mit mehreren Gebäuden, die zwischen den Bäumen stehen. Es muss keine Kahlschlagsanierung stattfinden“, sagt Reinken. Ohnehin sieht sich die Steg zunächst als Ideengeber. Was am Ende dabei herauskomme, werde man im Dialog mit der Bezirkspolitik und AnwohnerInnen sehen. „Wir glauben aber, dass das eine verträgliche Lösung für alle wäre“, sagt Reinken.

Vermutlich 2020 will die Deutsche Bahn mit der Sanierung der Sternbrücke beginnen. Der Baubeginn wurde schon mehrmals nach hinten verschoben und ob der nun angepeilte Zeitpunkt eingehalten wird, ist fraglich, denn die Bahn steckt noch in der Entwurfsplanung. Allerdings steht fest, dass die Mietverträge Ende 2019 auslaufen und die drei Clubs danach nicht wieder in die Brücken­sockel einziehen können.

Aus Sicht der drei betroffenen Clubs wäre ein Umzug an den Sternschanzenbahnhof sehr gut. „Der Standort wäre für uns perfekt. Vor allem begrüßen wir, dass sich auch von städtischer Seite aus endlich Gedanken gemacht werden und freuen uns über jede Idee“, sagt Astra-Stuben-Sprecher Daniel Höötmann.

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