Kolumne Der rechte Rand: „Tote werden in Kauf genommen“

Die Amadeu-Antonio-Stiftung hat rechtsextreme Gewalttaten des Jahres 2017 ausgewertet. Unter den Westbundesländern hat Niedersachsen den Spitzenplatz.

Zwei Messer, zwei Pistolen und zwei Wurfsterne liegen auf einem Tisch.

Waffen, die die Polizei Osnabrück bei Ermittlungen gegen Neonazis 2007 sicher gestellt hat Foto: dpa

Erst schlugen die Angreifer den Geflüchteten nieder, dann hetzten sie ihre Hunde auf ihn. Das ist nur ein Vorfall im niedersächsischen Burgdorf Ende vergangenen Jahres.

Niedersachsen führte 2017 mit 124 Angriffen als erstes Westbundesland die bundesweite Chronik rassistisch motivierter Gewalt gegen Flüchtlinge an. Betrachtet man die Zahl im Kontext der Bevölkerungsdichte, rückt Schleswig-Holstein mit 63 Taten auf den ersten West-Platz. „Dass in den Medien Brandanschläge und gewaltsame Angriffe auf Geflüchtete heute kaum noch eine Randnotiz wert sind, ist Teil des Problems“, sagt Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu-Antonio-Stiftung.

Die Stiftung hat mit Pro Asyl die Chronik der An- und Übergriffe zusammengetragen. Bundesweit wurden 1.713 rassistisch motivierte Straftaten erfasst. Ein deutlicher Rückgang zum Vorjahr – da waren es 3.768 Angriffe.

Im Schnitt wurden aber 2017 immer noch mehr als vier Taten täglich begangen. „Besonders erschreckend ist die Willkür und Brutalität, mit der dabei vorgegangen wird“, sagt Reinfrank. Im mecklenburg-vorpommerischen Neubrandenburg bekam ein Geflüchteter unvermittelt Hammerschläge ins Gesicht, berichtet er.

Angriffe mit Messern, Schusswaffen und Faustschlägen

Unter den 1.713 Fällen sind 326 tätliche Angriffe mit Messern, Schlag- oder Schusswaffen und Faustschlägen. Die Chronik führt auch 23 Brandanschläge auf. Dazu kommen 364 sonstige Übergriffe, also Sprengstoffanschläge, Steinwürfe, Schüsse, Hakenkreuz-Schmierereien und weitere Hass-Propaganda.

In Niedersachsen gab es 9 direkte Angriffe, in Schleswig-Holstein 7. Mecklenburg-Vorpommern ist – wenn man die Bevölkerungszahl berücksichtigt – das letzte Ostland mit insgesamt 73 Übergriffen, von denen 46 körperliche Attacken waren.

„Selbst wenn die Zahl der Übergriffe im Vergleich zum besonders gewalttätigen Vorjahr zurückgeht: Von Entwarnung kann keine Rede sein“, sagt Reinfrank. Rassistische Gewalt bleibe ein deutschlandweites Problem. Die Stiftung und Pro Asyl befürchten, dass die Zahlen durch Nachmeldung noch steigen werden. Reinfrank sagt: „Die Täter nehmen den Tod von Menschen in Kauf.“

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