Wohnunglosigkeit: Das „Berlin des Herzens“ hat getagt

Die 1. Strategiekonferenz zur Wohnungslosenhilfe soll nur der Anfang sein: 200 TeilnehmerInnen suchen nachhaltige Lösungen.

Nicht nur im Tiergarten schlafen immer mehr Obdachlose in Zelten Foto: dpa

Auf der 1. Strategiekonferenz zur Wohnungslosenhilfe am Mittwoch sind mehr als 200 TeilnehmerInnen von Senat, Bezirken, Wohlfahrtsverbänden, Wissenschaft und Vereinen zusammen gekommen, um eine gesamtstädtische Strategie zu erarbeiten. Inhaltlich sei man sich in vielen Punkten einig, erklärte Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) im Anschluss. „Wir wollen das System so verändern, dass alle Bedürftigen erreicht werden“, sagte sie.

Wie in anderen Städten nimmt in Berlin die Zahl der von Wohnungslosigkeit Betroffenen seit Jahren zu. 2016 – neuere Zahlen gibt es nicht – waren mehr als 30.000 Menschen ordnungsrechtlich (also ohne eigenen Mietvertrag) untergebracht. Wie viele Menschen zudem auf der Straße, bei Freunden oder der Familie leben, weiß niemand.

Als eine der Ursachen wurde auf der Konferenz der Mangel an bezahlbarem Wohnraum und Trägerwohnungen angesprochen. „Wir brauchen mehr hardware“, nannte dies Mittes Sozialstadtrat Ephraim Gothe, der für die Bezirke an der Konferenz teilnahm. Man müsse sowohl mit den städtischen Wohnungsbaugesellschaften als auch der privaten Wohnungswirtschaft über die Schaffung von Sozialwohnungen reden. Laut Breitenbach müssen zudem in naher Zukunft rund 30 Modulare Unterkünfte (MUF) gebaut werden, „um alle unterzubringen, die untergebracht werden müssen“.

Auf der Konferenz nahmen neun Arbeitsgruppen zu verschiedenen Themen ihre Arbeit auf, bis zur nächsten Konferenz im Herbst sollen sie konkrete Ziele erarbeiten. Schon jetzt gab es erste Ergebnisse: So möchte die Arbeitsgruppe „Wohnungslosenstatistik“ eine Zählung der Wohnungslosen auf der Straße vornehmen. „Das hat London mit zehn Millionen Einwohnern auch geschafft“, sagte die Armutsforscherin Susanne Gerull von der Alice-Salomon-Hochschule. Nach vorbereitenden Stichproben werde man wohl in 2019 mit einer ersten Zählung und Statistik anfangen können.

In der AG „Frauen und Familien“ sei man sich einig, dass das Gewaltschutzgesetz verbessert werden müsse, referierte Birgit Münchow von der Awo. Zwar müssten Männer, die gewalttätig waren, die Wohnung räumen, doch Frauen würden dann oft wohnungslos, weil die Miete für sie allein zu teuer sei. „Die Miete muss auf jeden Fall gesichert sein, bis eine neue Wohnung gefunden ist“, erklärte sie.

Einigkeit bestehe auch darin, dass alle Menschen – unabhängig vom Pass – ein Recht auf Hilfe haben, erklärte Caritas-Chefin Ulrike Kostka. Auf dieses „Berlin des Herzens“ sei sie sehr stolz.

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