Kolumne Die Couchreporter: Es reicht mit den Häppchen-Storys

Miniserien wie „Handmaid's Tale“ waren ein Trend im Jahr 2017. Das Potenzial seriellen Erzählens schöpfen diese Produktionen nicht aus.

Eine Frau mit weißer Haube

Wurde bei den Golden Globes als „Beste Dramaserie“ ausgezeichnet: „Der Report der Magd“ Foto: ap/Hulu

Gute Vorsätze halten ja meist nur die ersten Januarwochen. Meine ziehe ich hoffentlich länger durch. Während das Vorhaben, weniger Zeit vor dem Bildschirm zu verbringen, weit verbreitet ist, nehme ich mir für 2018 das Gegenteil vor: endlich wieder mehr lange Serien gucken.

2017 war mein Jahr der Miniserien. Und das ging anscheinend nicht nur mir so. Ein Blick auf die Neuerscheinungen von Netflix und anderen Streaminganbietern oder aber in die deutsche Serienlandschaft offenbart: Miniserien sind seit einigen Jahren das Ding. Auch unter den Preisträgern der Golden Globes befinden sich nur limitierte oder Miniserien. Das heißt: kurze Staffeln, mit einer in sich abgeschlossene Handlung.

Verstehen Sie mich nicht falsch, Miniserien müssen nicht schlecht sein. Das haben „Big Little Lies“, „The Sinner“, „Handmaid’s Tale“ und „Alias Grace“ gezeigt. Spannend erzählte Geschichten, besetzt mit den ganz Großen in Hollywood. Sie entwerfen Utopien, in denen gesellschaftliche Zustände verhandelt werden, erklären uns anhand der Vergangenheit unsere Zukunft oder zeigen Tabuthemen auf – ohne in klassische Erklärungsmuster zu verfallen.

Und doch: Die vier genannten Serien sind Buchadaptionen. Nach wenigen Stunden ist die Geschichte erzählt. Anstatt die Möglichkeit des seriellen Erzählens auszuschöpfen, machen sie aus dem Buch einen (wirklich) langen Film. Bald schon habe ich die Namen der Protagonist*innen vergessen.

Die Zeit hat nicht gereicht, um aus Serienfiguren neue Freund*innen oder Erzfeind*innen zu machen.

Auslöser für meinen Neujahrsvorsatz war die zweite Staffel von „Easy“. Eine Netflix-Produktion, die in halbstündigen Episoden acht eigenständige Geschichten erzählt. Eine zentrale Handlung fehlt, die Folgen sind durch ein gemeinsames Thema subtil miteinander verbunden. Sie erzählen die Geschichte der intellektuellen Mittelschicht Chicagos. Zwar tauchen sympathische Charaktere aus der ersten Staffel auf, trotzdem hatte ich das Gefühl, acht beliebige YouTube-Clips gesehen zu haben.

Sich komplexe Geschichten auszudenken und von Beginn an auf mehrere Staffeln zu konzipieren ohne zu langweilen, gelingt nur wenigen. Serien werden nicht zwangsläufig besser, wenn man sie in die Länge zieht. Von „Big Little Lies“ soll eine zweite Staffel erscheinen, nicht aber weil die Handlung dazu einlädt, sondern weil die erste Staffel so gut lief.

Doch wo sind die langen Serien, die das volle Potential seriellen Erzählens nutzen? Die sich genügend Zeit nehmen, ihre Handlungsstränge auch über viele Staffeln hinweg aufzubauen, komplexe Beziehungsgeflechte darzustellen – Serien, die zu umfangreich und vielschichtig sind, um sie auf einmal anzuschauen?

Bis so eine Serie auf den Markt kommt, habe ich zum Glück noch ein einige ungesehene Klassiker vor mir: „The Sopranos“, „The Wire“ und vielleicht doch mal „Game of Thrones“? Sieben Staffeln „Suits“ stehen mir noch bevor und ich habe das Gefühl: Rachel (Meghan Markle) und ich sind schon richtig gute Freundinnen geworden.

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Ressortleiterin bei taz zwei - dem Ressort für Gesellschaft und Medien. Schreibt hauptsächlich über intersektionalen Feminismus, (digitale) Gewalt gegen Frauen und Popphänomene. Studium der Literatur- und Kulturwisseschaften in Dresden und Berlin. Seit 2017 bei der taz.

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