Kommentar fehlende Grundschulleiter: Direktorin wird keine von allein

Der Job fordert viel, ist aber schlecht bezahlt. Männer machen ihn trotzdem häufiger als Frauen. Die schrecken sich häufig untereinander ab.

Ein Lehrer steht vor einer Klasse an der Tafel und erklärt seinen Schülern etwas

Es gibt mehr weibliche als männliche Lehrer – bei den Grundschuldirektoren ist es jedoch andersrum Foto: dpa

Etwa 1.000 Grundschulen in Deutschland haben derzeit keine Leitung. Das klingt alarmierend, lässt sich aber auch positiv sehen: Vor zwei Jahren war es schon genauso. Es ist also nicht schlimmer geworden, was durchaus ein Erfolg ist. Denn pro Jahr gehen etwa 10 Prozent aller SchulleiterInnen in den Ruhestand, und offenbar ist es gelungen, diese Lücken wieder zu schließen.

Ein echter Trost ist das natürlich nicht. Es können nicht 1.000 Grundschulen ohne Leitung bleiben – zumal immer mehr Verwaltungsaufgaben direkt bei den DirektorInnen abgeladen werden. Der Trend geht zur Autonomie der Schulen, was richtig ist, aber Leitungspersonal vor Ort erfordert.

Die Gewerkschaften klagen, dass die Leitung einer Grundschule zu schlecht bezahlt sei. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise beträgt der Zuschlag „nur“ etwa 500 Euro. Doch am Gehalt allein kann es nicht liegen, dass der Drang ins Direktorenzimmer so gering ausfällt. Denn obwohl die Vergütung bescheiden ist, sind Männer häufiger bereit, eine Grundschule zu leiten – jedenfalls weit häufiger als Frauen.

Leider gibt es keine bundesweiten Daten, welches Geschlecht die DirektorInnen von Grundschulen haben – aber es existieren Stichproben. Im Jahr 2011 kam beispielsweise für Schleswig-Holstein heraus: Nur 12 Prozent der Lehrkräfte an Grundschulen waren männlich – aber die Leitung lag zu 38 Prozent in Männerhand.

Frauen schalten zu spät

Anders gesagt: Wer GrundschuldirektorInnen sucht, muss die Frauen motivieren. Geld allein reicht da nicht. Wie Untersuchungen gezeigt haben, geht es an den Grundschulen zu wie überall im Erwerbsleben: Bei Männern wird selbstverständlich angenommen, dass sie eine „Karriere“ planen und eine Führungsposition einnehmen wollen. Frauen hingegen werden eher abgeschreckt: Sie werden anfangs besonders kritisch beäugt – auch von ihren eigenen Geschlechtsgenossinnen.

Übrigens ergab eine Studie auch: Grundschullehrerinnen bemerken noch nicht einmal, dass sie nicht ermuntert werden, eine Leitungsfunktion zu übernehmen. Sie halten dies für normal. Erst wenn Frauen schon eine Grundschule leiten, wandelt sich das Bild: Dann sind die anderen LehrerInnen meist sehr zufrieden mit dieser weiblichen Führungskraft. Aber das ist eben deutlich zu spät.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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