Kommentar CDU und Fehleranalyse: Nach vorne diskutieren

Die Kanzlerin hatte eine vertiefte Debatte zu den Verlusten bei der Bundestagswahl angekündigt. Doch die Klausur zum Thema gerät zur Farce.

Angela Merkel steht vor Mikrofonen

Blickt nach vorne: Bundeskanzlerin Angela Merkel vor der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft Foto: dpa

Gelernt ist gelernt. „Nach vorne diskutieren“ nannte man in der DDR ein Verfahren weitgehend folgenloser Selbstkritik. Nach Niederlagen räumte man kurz, gern sehr kurz, Fehler ein – um anschließend so weitermachen zu können wie zuvor. Was die Aufarbeitung des mauen Bundestagswahlergebnisses der Christlich Demokratischen Union angeht, zeigt deren Vorsitzende gerade, was sie im Osten gelernt hat. Ihre am Freitag beginnende zweitägige Klausurtagung des Bundesvorstandes gerät zur Farce.

Hatte Angela Merkel am Tag nach der Wahl angekündigt, man werde den herben Stimmenverlust „noch einmal vertieft analysieren in einer Klausur“, ist dieser Vorsatz mittlerweile zum Quickie geschrumpft. Statt eine fällige Debatte im Bundesvorstand zu führen, lädt man sich zwei Politologen ein, die ein bisschen Fehleranalyse betreiben. Ansonsten geht es in der Tagesordnung um Jamaika.

Das ist, als würde ein Fabrikbesitzer seine Arbeiter kurz vor dem Zahltag auffordern, ihm mal kräftig die Meinung zu geigen. Kommt Jamaika, kommen nämlich die Posten. Und Posten wollen alle. Die Mitglieder des CDU-Bundesvorstands sind also gut beraten, ihre Vorsitzende zu schonen.

Man kann Angela Merkels Hinhaltetaktik clever finden. Aber das ist sie nicht. Zur Aufgabe einer Parteivorsitzenden gehört nämlich nicht nur die Sicherung der Macht. Sie muss auch von Zeit zu Zeit gemachte Fehler erkennen, benennen, um ihre Partei zukunftsfest zu machen. Ein politischer Zusammenschluss braucht das offene Klima, die Debatte. „Nach vorne zu diskutieren“, weil jetzt gerade Jamaika ansteht, wird nicht nur der CDU schaden, sondern auch ihrer Vorsitzenden. Vor allem aber dem Ansehen der Politik.

Das Fatale: Angela Merkel ist zu klug, um das nicht zu verstehen. Vor ihr liegt eine Regierungszeit voller politischer Kompromisse, hinter ihr scharrt schon der machtbewusste Parteinachwuchs mit den Hufen. Mag sein. Das ist eben gerade kein Grund zum Kneifen. Aber genau danach sieht es nun aus.

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1965, ist taz-Parlamentsredakteurin. Sie berichtet vor allem über die Unionsparteien und die Bundeskanzlerin.

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