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#MeToo und sexualisierte GewaltWer ist hier die Hexe?

Empathie und Likes genügen nicht. Mich interessiert: Wo warst du, als andere sexualisierte Gewalt erlebten? Und was hast du getan?

Wie reagierst du darauf, wenn jemand „nein“ sagt? Foto: dpa

A lle Jahre wieder gibt es eine medial wirksame Hashtag-Aktion, in der sich Überlebende von sexualisierter Gewalt outen (müssen), um ihre Erfahrungen sichtbar zu machen, sich zu empowern oder einfach bei cis Typen ein bisschen Empathie und Menschlichkeit auszulösen.

Das Problem mit dieser Outing-Kultur erklären viele Autor_innen, etwa Charlott Schönwetter auf Mädchenmannschaft.net: Nicht jede_r kann oder möchte ihre_seine Erfahrung öffentlich machen, gleichzeitig besteht ein immenser Druck, sich zu positionieren. Wer aber wird in Schutz genommen und wo gibt es trotz allem eine Täter_innen-Opfer-Umkehr?

Wer sich etwa mit der blonden Nachbarin mit der bedeckten Kleidung solidarisiert, aber mit Sexworker_innen, die von Klient_innen Gewalt erfahren haben, nicht, sollte dringend noch mal in sich gehen und sich fragen, was da schief gelaufen ist.

Cis Typen sind in der Regel erschrocken darüber, dass so viele Leute – insbesondere Frauen und Femmes, aber auch trans Männer und sogar cis Männer – aus ihrem engeren oder weiteren Umfeld schon mindestens ein Mal diese perfide Form der Gewalt erfahren mussten. Ich bin überhaupt nicht überrascht. Ich wäre es selbst dann nicht, wenn jede einzelne Person aus meiner Friendlist #metoo in ihren Status schreiben würde.

Die Täter_innen sind nicht weit

Denn wie schockiert über sexualisierte Gewalt kann man(n) wirklich sein, wenn es seit Jahren immer wieder Überlebende gibt, die das Problem adressieren oder sich outen? Sei es eine bekannte Schauspielerin, ein Model oder die Genossin aus dem Marx-Lesekreis?

Wenn meine Friendlist voll von Überlebenden ist, dann können die Täter_innen nicht all zu weit entfernt sein. Warum lese ich das #metoo von jenen, bei den es ohnehin offensichtlich ist, dass auch sie betroffen sind, und nicht stattdessen von denjenigen, die diese Gewalt ausgeübt haben oder Täter_innen in Schutz genommen haben?

Ich möchte nicht wissen, was Überlebende anhatten, wie nüchtern sie waren, wie gut sie die Täter_innen kannten oder wie viele Sexpartner_innen sie vorher hatten. Die Antworten darauf verschieben nicht nur die Verantwortlichkeiten auf jene, die ohnehin nichts dafür können, sondern lenken vom eigentlichen Problem ab.

Sexualisierte Gewalt geht nicht einfach so über die Bühne. Sie existiert in Machtstrukturen, die sie aktiv stützen. Zu jedem Harvey Weinstein gibt es einen Woody Allen, der ihn verteidigt, in Schutz nimmt, selbst Teil des Problems ist und davor warnt, in eine Hexenjagd zu verfallen. Aber wer ist eigentlich hier die Hexe?

Wo warst Du?

Amna Franzke schrieb völlig korrekt: Es braucht eine Kultur des Vertrauens. Das heißt auch, dass Leute nicht ständig unter Beweis stellen müssen, dass sie sexualisierte Gewalt erlebt haben, oder sich fragen müssen, ob ihre Erfahrung „krass genug“ ist, um valide zu sein. Mich interessiert: Wo warst du, als deine Geschwister, deine Freund_innen, Genoss_innen oder eine entfernte Bekannte sexualisierte Gewalt erfahren haben und versuchten, diese anzusprechen?

Hast du ihnen zugehört? Hast du ihnen geglaubt? Hast du sie ernst genommen? Hast du sie gefragt, was du tun hättest können, um sie zu unterstützen? Oder hast du die Täter_innen in Schutz genommen, weil sie deine Brüder, Väter, Onkels, Cousins, Kumpels, Mitbewohner oder Boyfriends waren?

Und was hast du getan, als dir eine Person sagte, dass du ihre Grenzen überschritten hast? Hast du es angenommen? Hast du dich entschuldigt? Hast du dein bestmögliches versucht, um es nicht noch schlimmer zu machen? Wie hast du Verantwortung übernommen? Hast du deinem Umfeld davon erzählt? Oder deinen nächsten Partner_innen?

Wie reagierst du darauf, wenn jemand „nein“ sagt? Akzeptierst du es oder fragst du noch mal nach, ob sie sicher sei (warum sollte jemand nicht sicher sein, denkst du, sie hat aus Höflichkeit nein gesagt?) oder setzt du sie anderweitig unter Druck, um Konsens zu erzwingen? Oder ist es dir eh egal?

Was möchtest Du ändern?

Ja, es kann auch vorkommen, dass Täter_innen zum Zeitpunkt des Geschehens nicht im Bewusstsein eines Übergriffes waren. An dieser Stelle lohnt es sich, sich zu fragen, ob man generell Leuten vermittelt, dass es okay ist, ihre Grenzen zu kommunizieren.

Wäre man überhaupt offen dafür gewesen, sich anzuhören, dass man etwas falsch gemacht hat? Oder wäre man in Abwehrposition gesprungen? Ich selbst habe oft genug das „nein“ geschluckt und „es“ über mich ergehen lassen, weil ich dachte, dass dies erträglicher oder weniger Arbeit sein würde, als für mein „nein“ die andere Person stundenlang trösten, mich sanktionieren lassen oder streiten zu müssen.

Was möchtest du an deinem Verhalten ändern, um diese Strukturen aufzubrechen und aktiv gegen Vergewaltigungskultur vorzugehen?

Würdest du das Plakat deines liebsten Filmemachers von der Wand nehmen? Würdest du auf Wunsch der Betroffenen gewisse Räume nicht mehr betreten, weil du dich ihnen gegenüber scheiße verhalten hast?

Würdest du aufhören in deine linke Lieblingsbar zu gehen, wenn du wüsstest, dass ein Täter im Kollektiv ist, der von allen geschützt wird? Würdest du vor deiner Typengang erwähnen, dass du ihre Sprüche zum Kotzen findest? Oder würdest du still zuhören und dann einen traurigen Facebook-Post verfassen?

Empathie und Likes reichen nicht

Empathie und Likes reichen nicht aus. Eine nachhaltige Kultur der Verantwortlichkeit kann nur dann entstehen, wenn wir nicht nur phasenhaft über das Thema sprechen und die restliche Zeit wegschauen, wenn unser Handeln gefragt ist. Ohne Täter_innen in den Fokus der Debatte zu rücken, muss es möglich sein, sich kritisch mit ihnen auseinanderzusetzen.

Solange wir nur bis zu den Grenzen unserer Bequemlichkeit gehen wollen und dort aufhören nachzufühlen, wo es anfängt, wehzutun, kann es noch vierzig weitere Hashtag-Aktionen über sexualisierte Gewalt geben, die genau so schnell verebben, wie sie aufgebraust sind.

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Hengameh Yaghoobifarah
Mitarbeiter_in
Hengameh Yaghoobifarah studierte Medienkulturwissenschaft und Skandinavistik an der Uni Freiburg und in Linköping. Heute arbeitet Yaghoobifarah als Autor_in, Redakteur_in und Referent_in zu Queerness, Feminismus, Antirassismus, Popkultur und Medienästhetik.
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16 Kommentare

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  • Frau Yaghoobifarah,

    falls Sie tatsächlich schon "oft genug das „nein“ geschluckt und „es“ über ich ergehen lassen [haben], weil [sie] dacht[en], dass dies erträglicher oder weniger Arbeit sein würde, als für [ihr] „nein“ die andere Person stundenlang trösten, ich sanktionieren lassen oder streiten zu müssen", dann sind SIE diejenige, die eine Kultur der Verantwortlichkeit lernen muss. SIE müssen sich fragen, was SIE in diesem Moment getan haben und ob das richtig war und was SIE ändern können/müssen.

     

    Wenn SIE einen Mann nicht wissen lassen, dass SIE gerade keine Lust haben und ihn danach der "sexuellen Gewalt" bezichtigen, sind SIE die Täterin. Hätten Sie hier den Namen eines konkreten Mannes genannt, wäre das Rufmord.

     

    Um persönliche Verantwortung zu erlernen, wäre es übrigens hilfreich, Sie würden auch mal Milton Friedman lesen statt immer nur Karl Marx...!

  • Wenn jede Frau erst mal die Verantwortung für sich selbSt übernimmt und das „nein“ eben nicht schluckt sondern ausspricht und auch dafür einsteht, hat sich ein Großteil dieser aufgeblasenen Debatte von selbst erledigt. Frauen wie die Autorin sind der Untergang jedes ernst zu nehmenden Feminismus.

  • Verstehe ich das richtig ? Aus reiner Faulheit zur Auseinandersetzung hat die Autorin selbst das „nein geschluckt“, „es“ „über sich ergehen lassen“.... und zieht daraus den Schluss dass alle anderen dafür Verantwortung übernehmen müssen... nur sie selbst eben nicht....? Auweia.

  • Hast du ihnen zugehört? Hast du ihnen geglaubt? Hast du sie ernst genommen? Hast du sie gefragt, was du tun hättest können, um sie zu unterstützen? Oder hast du die Täter_innen in Schutz genommen, weil sie deine Brüder, Väter, Onkels, Cousins, Kumpels, Mitbewohner oder Boyfriends waren?

     

    1.Nö

    2.Nö

    3.Nö

    4.Nö

    5.Nö

     

    Hoffe das hilft.

     

    Mfg.

  • "Anfassen" oder (sexuelles) Mobbing gehen natgürlich gar nicht,dennoch frage ich mich, wo hören wir auf oder wo beginnen wir außerhalb der v.g. Beispiele mit der Verachtung. Müssen wir wirklich jegliche Form von Doppeldeutigkeit verdrängen. Wir sprechen doch nur nicht über Gefühle (aus negativen Erfahrungen), oder überspielen diese, oder reagieren sauer auf Kritik, weil wir Sanktionen fürchten.

    Womöglich liegt es analog einer guten Fehlerkultur. Aus Angst fördern wir aktives und passives Fehlverhalten.

  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    "Zu jedem Harvey Weinstein gibt es einen Woody Allen, der ihn verteidigt, in Schutz nimmt, selbst Teil des Problems ist und davor warnt, in eine Hexenjagd zu verfallen. Aber wer ist eigentlich hier die Hexe?"

     

    Ohne Woody Allen oder diesen Weinstein in Schutz zu nehmen: auch für letzeren und für derartige Vorwürfe gilt immer noch die Unschuldsvermutung.

  • Ja, sexualisierte Gewalt ist schrecklich. Ja, es braucht eine Kultur des Vertrauens. Ja, insbesondere cis-Männer müssen sich viele unangenehme Fragen gefallen lassen. Ja, unsere patriarchale Gesellschaft muss sich ändern, es wäre gut wenn das als gemeinsame Aufgabe begriffen werden würde, cis-Männer sich aber im besonderen engagieren, zuhören, "lernbereit" und "aware" sind. Und ja, jedes Opfer sexualisierter Gewalt muss den Nachweis erbringen, dass tatsächlich in irgendeiner Form sexuelle Belästigung oder schlimmeres stattgefunden hat. Weder die Problematik der Beweisführung noch die patriarchale Gesellschaftsstruktur, die insbesondere cis-Männer im Falle einer Anschuldigung protegiert, die Taten verharmlost etc. darf zu einer Beweislastumkehr führen. Es lässt sich natürlich darüber streiten, was die Autorin meint, wenn sie sagt, dass "Leute nicht ständig unter Beweis stellen müssen, dass sie Opfer sexualisierter Gewalt wurden". Es wäre schön, wenn dies im Freundeskreis nicht nötig wäre. Es wäre schön, wenn in der Gesellschaft und insbesondere bei den Strafverfolgungsbehörden jene "Kultur des Vertrauens" herrschen würde, die die Autorin einfordert. Aber zumindest vor Gericht sollte immer und für jeden Angeklagten der Grundsatz "in dubio pro reo" gelten. Es stört mich, dass viele Aktivist_innen ständig fordern, dass ein Opfer sexueller Gewalt die Tat nicht nachweisen muss. Das fordert doch auch niemand für diejenigen, die als querschnittgelähmte Opfer eines fehlgeschlagenen Mordes ihr Leben Lang im Rollstuhl verbringen müssen.

  • 3G
    36387 (Profil gelöscht)

    Jemand, der nicht "Nein" versteht, würde ich nicht wirklich duzen ... aber das nur am Rande!

     

    Ich habe als Überlebender von Frauengewalt im Übrigen eins gemacht:

     

    Überlebt!

     

    Und es ist hart, wenn es triggert ...

     

    wenn Frauen durch ihr arrogantes, asoziales Verhalten mir und anderen Gegenüber mit Ihren Machtspielchen durchkommen.

     

    Und nein, ich habe hier nicht "Mann"/"Frau" getauscht. Die Zuschreibungen sind real.

    • 4G
      4845 (Profil gelöscht)
      @36387 (Profil gelöscht):

      Tja hier wird leider gerne noch mit zweierlei Maß gemessen, dass kenne ich aus eigener Erfahrung. Die Ehefrau (!) eines Bekannten hatte ein Auge auf mich geworfen und mich mit ständigen SMS belästigt und auf einer Party hat diese angefangen mich unbefragt zu befummeln. Als ich höflich sagte, dass sie das doch bitte lassen soll weil ich kein Interesse habe, ist sie aus der Haut gefahren, was für ein Versager ich doch wäre. Meinst du nur einer der Anwesenden (auch Männer) hätte dafür Verständnis gehabt, dass ich ihre Anmache als Belästigung empfunden habe? Im umgekehrten Fall hätte ich sofort einen Schlag ins Gesicht und eine Anzeige an den Hals bekommen. Aber wenn Frauen von uns Männer etwas wollen, dann haben wir gefälligst zu liefern...

      • @4845 (Profil gelöscht):

        @DEUTSCH-POLE und @REDSKIN:

        Ich möchte Ihnen beiden für Ihre Beiträge herzlich danken. Als Teenagerin und in meinen frühen Zwanzigern hielt ich die Rhetorik der solcher "Feministinnen" noch für ein einigermaßen zutreffendes Abbild der Realität - weil ich die andere Seite nicht (ausreichend) kannte. Das ist dem Verhältnis zwischen Männern und Frauen abträglich.

        Ich verstehe das Verhalten von Männern deutlich besser seit ich mir auch die Erfahrungen und Argumente von Männern und Maskulisten anhöre. Danke dafür!

  • Das sind wichtige Fragen und ich habe gerade erst angefangen, in meiner lückenhaften Erinnerung zu graben, wie ich in solchen Situationen reagiert habe. Einen Anfang hat Jay Foreman, englischer Comedian gemacht: https://t.co/n3SCIuE5Ni

  • 4G
    4845 (Profil gelöscht)

    "Wo warst du, als andere sexualisierte Gewalt erlebten? Und was hast du getan?"

     

    Das ist eine dumme Frage denn das geht niemanden etwas an so lange es nicht in direktem Zusammenhang mit der Tat steht.

     

    "Wo warst du, als deine Geschwister, deine Freund_innen, Genoss_innen oder eine entfernte Bekannte sexualisierte Gewalt [...] versuchten, diese anzusprechen?"

     

    Auch eine dumme Frage. Wenn sie es einem gegenüber ansprechen, dann wird man ja wohl bei der Person entsprechenden Person gewesen sein. Wenn nicht, kann man das einem nicht zum Vorwurf machen.

     

    "Das heißt auch, dass Leute nicht ständig unter Beweis stellen müssen, dass sie sexualisierte Gewalt erlebt haben [...]"

     

    Aus juristischer Sicht müssen sie es sehr wohl beweisen. Schließlich leben wir - zum Glück - in einem Rechtsstaat.

     

    "Wie reagierst du darauf, wenn jemand „nein“ sagt? Akzeptierst du es oder fragst du noch mal nach, ob sie sicher sei (warum sollte jemand nicht sicher sein, denkst du, sie hat aus Höflichkeit nein gesagt?) oder setzt du sie anderweitig unter Druck, um Konsens zu erzwingen? Oder ist es dir eh egal?"

     

    Auch wenn der Text sons versucht politisch Korrekt mit Unterschrich-INNEN zu sein, diese Formulierung ist in sich schon sexistisch, weil hier impliziert wird, als ob sexuelle Gewalt ausschließelich von Mann gegenüber Frauen ausgeübt würde. Sexuelle Belästigung und Gewalt gibt es aber auch von Frauen gegenüber anderen Frauen und Männern.

    • @4845 (Profil gelöscht):

      Die Fragen sind absolut nicht dumm, wenn man sie sich selber stellt. Es geht nicht darum, sich vor anderen für irgendwas zu rechtfertigen, sondern sein eigenes Denken und Verhalten zu reflektieren.

    • @4845 (Profil gelöscht):

      Man kann anderer Meinung sein, aber kategorische Ablehnung aus einem Prinzip, das nicht näher benannt wird, ist -sorry- schwach. Vor allem diese unnötige Abwertung als "dumme Fragen". Das Thema hier ist nicht Rechtspflege, sondern unsere Alltagskultur: Es geht eben um die Grauzonen, in denen der Rechtsweg nicht beschritten wird, in denen wir (meistens) Männer nichts ändern wollen und die Türsteherfunktion beanspruchen, was andere als Belästigung oder Übergriff zu empfinden haben:Das nämlich ist es, wo die Beweise verlangt werden weil nicht geglaubt wird; das nähere Umfeld, nicht der Gerichtssal. Und natürlich geht es jemanden etwas an: Sie selbst. Sie sollen sich die Fragen ja in erster Linie selbst stellen, ob und wann Sie auf der Baustelle oder im Büro oder sonstwo geschwiegen haben, wenn in Trump-Manier über Frauen hergezogen wird. Ich selbst habe mir da einiges Schweigen vorzuwerfen und nicht wenig an Mutlosigkeit, mich gegen mehrere andere durchzusetzen. Wenn das bei Ihnen anders ist: prima! Dann haben Sie persönlich ja nichts zu befürchten, wenn andere die Augen nicht verschließen. Gerade bricht ein Teil einer Schweigekultur weg. Wenn Sie sich selbst nichts vorzuwerfen haben, brauchen Sie von anderen das Schweigen nicht zu verlangen, damit Sie sich damit tunlichst nicht zu beschäftigen hätten. Immerhin ist es auch grotesk, in einem öffentlichen Forum kundzutun, dass einen das alles nichts anginge.

       

      Übrigens: Wenn man gegen "Unterschrich"(sic!)-Schreibweisen polemisiert, sollte man als Fürsprecher einer "jeder-ist-mitgemeint"-Schreibphilosophie in der Lage sein, sich selbst angesprochen zu fühlen, weil man sonst seinen eigenen Anspruch sofort ad absurdum führt. Man bekommt die Medaille (Trostpreis) nur mit beiden Seiten.

      • 4G
        4845 (Profil gelöscht)
        @dasOimel:

        "Übrigens: Wenn man gegen "Unterschrich"(sic!)-Schreibweisen polemisiert, sollte man als Fürsprecher einer "jeder-ist-mitgemeint"-Schreibphilosophie in der Lage sein, sich selbst angesprochen zu fühlen, weil man sonst seinen eigenen Anspruch sofort ad absurdum führt. Man bekommt die Medaille (Trostpreis) nur mit beiden Seiten."

         

        1. Simple Tippfehler haben Sie vermutlich noch nie begangen?

         

        2. Ich polemisiere gegen die Unterstrich-INNEN Schreibweise überhaupt nicht. Nur fällt mir die Tatsache auf, dass der Text in Bezug auf Opfer versucht bewusst beide Geschlechter anzusprechen aber in Bezug auf die Täter eindeutlich nur das männliche Geschlecht anspricht.

         

        Nur ist die Folgerung aus dieser Tatsache, dass auch der Autorin - bewusst oder unterbewusst - ein sexistisches Vorurteil hat, eben offenkundig.

         

        3) "als Fürsprecher einer "jeder-ist-mitgemeint"-Schreibphilosophie"

         

        Da unterstellen Sie mir mal wieder etwas. Nur kann ich nichts dafür, dass die deutsche Sprache eben zwischen den zwei Geschlechtern unterschiede aber im Plural meist die männliche Form Anwendung findet. Das mag ungerecht sein, aber daraus kann man mir genauso wenig einen Strick drehen wie aus den oben bereits behandelten Fragen.

      • 4G
        4845 (Profil gelöscht)
        @dasOimel:

        Wo habe ich geschrieben dass das mich alles nichts anginge oder das ich dass ich die Strafverfolgung und eine Änderung der gesellschaftlichen Wahrnehmung des Problems kategorisch Ablehne? Es geht nur um die Fragestellungen die absolut keinen Sinn machen, weder moralisch noch juristisch. Genau genommen sind das da oben auch keine Fragestellungen sondern pauschal Anklagen und Vorwürfe gegenüber andere Personen (hauptsächlich Männer...).

         

        Wenn ich persönlich zugegen bin, wenn sexuelle Gewalt ausgeübt wird, dann geht es mich selbstverständlich etwas an und ich bin verpflichtet einzugreifen. Würde ich das nicht tun, dann darf und müsste man mich zu Recht wegen unterlassener Hilfeleistung anklagen und verurteilen. Aber wenn ich bei der Tat nicht persönlich anwesend bin, kann man mir das doch nicht zum Vorwurf machen - weder moralisch noch juristisch. Genauso wenn ein Opfer nicht von seinem Erlebnis erzählt, was kann ich denn dafür? Ich kann ja nicht für jeden Mensch automatisch eine Vertrauensperson perse sein.

         

        Und was die persönliche Einstellung von Männern gegenüber Frauen betrifft (das von diesem Text durch die direkte Frage an den männlichen Leser suggestiv stellt): ein Pauschalverdacht wie es dieser Text impliziert ist auch nicht angebracht. Das vergiftet die Gesellschaft mindestens genauso sehr wie die vermeintliche Schweigekultur.