Kolumne Geht's noch?: Oh Saxonia!

Kaum hat man den sächsischen Ministerpräsidenten rechts rausgewunken, steht mit Michael Kretschmer schon der nächste Havarist bereit.

Nun gießt die CDU in Sachsen also weiter Öl ins Feuer, um den Brand zu löschen Foto: ©Tom

Rechts zu überholen gilt gemeinhin als gefährlich und rücksichtslos und ist deshalb nicht umsonst verboten. Nun hat man allein wegen des versuchten Delikts den sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU) (rechts) rausgewunken und aus dem Verkehr gezogen.

Er gehe freiwillig, hört man die bei Verkehrssündern beliebte Ausflucht nach Verlust der Pappe, und er sei zu alt: mit 58, in einem Alter, da so mancher Jüngling noch in kurzen Hosen über die Ballspielwiese tollt.

Seit Jahren wehte er wie ein Schilf im Wind, wechselten Kuscheleien mit den Völkischen sich munter ab mit kurzen Momenten der Erinnerung an die Demokratie als eine auch in Sachsen (noch) aktuelle Regierungsform.

Doch kaum möchtest du aufatmen, o Saxonia, und wähnst dich frei, da steht mit Michael Kretschmer (42, seit 2005 Generalsekretär des CDU-Landesverbandes Sachsen) schon der nächste Havarist bereit, das Parteischiff weiter in den hart von Steuerbord wehenden Sturm zu drehen. Das Unglück hat kein Ende.

Eidechsengleich

Was, neben vagen Rechtsruckversprechen, den Nachfolger und den scheidenden Amtsinhaber eint, ist die vollkommene Orientierungslosigkeit. Denn sie wissen nicht, was sie tun, doch das dafür mit ganzem Herzen. Eidechsengleich huschen sie ziellos durchs Gelände mit dem alleinigen Unterschied, dass sie statt der Sonne stets das Dunkel suchen.

Warum macht ihr das, Sachsen – seid ihr wirklich noch ganz frisch? Da habt ihr doch schon die schwärzeste CDU im ganzen Reich. Genügt das nicht? Ein nicht enden wollender Rechtsdrall in einem Land, dessen Justiz- und Polizeiapparate ohnehin bereits derart national durchseucht sind, wo rechts kein Profil mehr zu erkennen ist und auch kein charismatischer Geist, sondern nur noch ein alles Leben mit einer schleimigen, braunen Substanz zukleisternder Einheitsbrei, ist gleichbedeutend mit dem Verlust auch noch der letzten Konturen rechts der SPD.

Nun gießt ihr also weiter Öl ins Feuer, um den Brand zu löschen. Ehe der Hausmeister seinen Posten verliert, zündet er lieber das Haus an. Und das war es dann mit eurem Abendland. Willkommen dafür im Nachtland! Gern nehmen wir die vielen Gerechten auf, die von dorther zu uns kommen wollen, wenn sie nicht eh schon längst hierher geflüchtet sind.

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Seit 2001 freier Schreibmann für verschiedene Ressorts. Mitglied der Berliner Lesebühne "LSD - Liebe statt Drogen" und Autor zahlreicher Bücher.

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