Limit wird getestet: Tempo 30 hoppelt voran

An fünf wichtigen Verkehrsadern wird ein Geschwindigkeitslimit getestet. Die Belastung mit Luftschadstoffen soll verringert werden.

Der Fortschritt ist ein Kaninchen: pelziger Verkehrsteilnehmer in Schöneberg Foto: Karsten Thielker

Nomen est omen: Tempo 30 auf ausgewählten Hauptstraßen kommt – aber ganz gemächlich. Wie Verkehrs- und Umweltsenatorin Regine Günther (parteilos, für die Grünen) am Mittwoch mitteilte, wird ihre Verwaltung im November damit beginnen, Messreihen an fünf Straßenabschnitten durchzuführen, um die herum die Luft besonders stark mit gesundheitsgefährdendem Stickstoffdioxid (NO2) belastet ist.

Die Maßnahme war schon vor Monaten angekündigt worden. Bis nun die rot umrandeten runden Schilder mit der „30“ tatsächlich aufgestellt werden, dauert es aber noch einmal mehrere Monate. Und ob es bei der Geschwindigkeitsreduzierung dauerhaft bleibt, entscheidet sich wohl erst im Sommer 2018.

Ampelschaltung optimieren

Von der Einführung von Tempo 30 auf stark belasteten Hauptstraßen versprechen Experten sich neben weniger Lärm auch einen gleichmäßigeren Verkehrsfluss. Wenn nicht mehr so viel beschleunigt (und wieder abgebremst) wird, sinkt aber auch der Schadstoffausstoß. Wie stark, das sollen die Untersuchungen zeigen, für die zuerst über einen längeren Zeitraum die Verkehrsdichte und die Stausituation sowie die NO2-Werte bei Tempo 50 beobachtet werden.

Dann endlich wird die Geschwindigkeitsbeschränkung eingeführt – und zwar in Verbindung mit optimierten Ampelschaltungen. Nach Angaben der Senatorin ist das elementar: „Tempo 30 allein wird nicht zur einer Verringerung von Stickoxiden führen, erst die Verstetigung schafft den erwünschten Effekt“, so Günther. Wenn am Ende feststeht, dass die Maßnahme wirkt, soll die Entschleunigung Bestand haben.

Bei den betroffenen Strecken handelt es sich um mehrere Kilometer der Bundesstraße 1, vom Innsbrucker Platz über die Haupt-, Potsdamer und Leipziger Straße bis zur Ecke Markgrafenstraße, außerdem die Kantstraße zwischen Savigny- und Amtsgerichtsplatz sowie den Tempelhofer Damm zwischen Alt-Tempelhof und Ordensmeisterstraße. Vorbild sind drei mittlere Straßen – die Schildhornstraße in Steglitz, die Silbersteinstraße in Neukölln und die Beusselstraße in Moabit –, an denen Tempo 30 laut Verkehrsverwaltung tatsächlich zu einem NO2-Rückgang von bis zu 20 Prozent geführt hat.

Bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH), die das Land im vergangenen Jahr wegen dessen Untätigkeit in Sachen Stickoxide verklagt hat, sieht man die Maßnahme positiv, allerdings ist die Begeisterung überschaubar. „Tempo 30 ist eine Optimierung des Verkehrs, die durchaus zur Stickoxid-Reduktion beitragen kann“, sagt Dorothee Saar, Leiterin des Bereichs Verkehr und Luftreinhaltung bei der DUH. „Wichtiger sind aber Maßnahmen, die den motorisierten Individualverkehr reduzieren.“ Das könne durch eine Neuverteilung der Verkehrsflächen geschehen, aber etwa auch durch Fahrverbote für schmutzige Dieselfahrzeuge.

Berufung gegen Tempo 30

Wie Regine Günther am Mittwoch ebenfalls bekannt gab, hat das Land gegen ein Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts von Anfang 2016 Berufung eingelegt. Nach der Klage eines Anwohners wegen erhöhter NO2-Belastung hatte der Richter Tempo 30 in der Weißenseer Berliner Allee angeordnet.

Was paradox erscheint, da der Senat doch selbst Tempo-30-Strecken plant, erklärt die Senatorin mit der Notwendigkeit von Rechtssicherheit: „Sonst müssten wir bei jeder Grenzwertüberschreitung Tempo 30 einführen – ohne vorherige Wirksamkeitsanalyse und ohne Rücksicht auf den ÖPNV.“ In der Berliner Allee etwa fahren auch Trams, die dann von veränderten Ampelschaltungen ausgebremst würden.

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