Berliner „Staatsoper“ öffnet wieder: Offiziell on time

Nach sieben Jahren gibt es wieder eine Aufführung im sanierten Opernhaus Unter den Linden. Beim Eröffnungstermin wurde gemogelt.

Der neue Zuschauerraum in der alten Staatsoper

Im umgebauten Saal soll man besser hören und sehen können – auch von den billigeren Plätzen Foto: reuters

Es gab die „Ode an die Freude“. Was auch sonst hätte man spielen sollen, beim Freiluftkonzert „Staatsoper für alle“ am Samstagabend auf dem Bebelplatz Unter den Linden. Der Schlusschor von Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie ist das Festaktigste, was die westliche Klassik zu bieten hat.

Offenbar sogar das einzige Stück, was „Festakt“ kommuniziert. Bei der Eröffnung der Hamburger Elbphilharmonie war das Stück zu hören, beim G20-Konzert für die Staatsoberhäupter ebenfalls – und bei Veranstaltungen der europapositiven Bewegung „Pulse of Europa“ erklingt die EU-Hymne sowieso pausenlos.

Schade eigentlich, denn so bekamen die mehreren tausend Gäste am Samstag den Eindruck, dass hier das gute alte Programm abgespult wird. Nicht etwa „Hey, wir haben jahrelang renoviert und jetzt wird alles frisch und anders!“, sondern eher „Hey, keine Sorge, alles bleibt beim Alten. Wir sind nicht die Volksbühne!“

Seit sieben Jahren wird die „Staatsoper“ saniert. Bessere Akustik, bessere Sicht von den Zuschauerplätzen: Eine gute Idee, denn gerade von den erschwinglichen Plätzen aus war früher bisweilen schon mal die Hälfte der Bühne von einem Scheinwerfer verdeckt oder eine ruhige Arie kaum noch zu hören.

Sieben Jahre, viel Geld

Die Rundumerneuerung sollte mal drei Jahre dauern und 235 Millionen Euro kosten. Der Opernbetrieb zog derweil ins Charlottenburger Schillertheater (wo die Akustik schlechter, die Sicht aber um einiges besser war).

Sieben Jahre und 400 Millionen Euro später wird die Staatsoper am Dienstag wieder eröffnet.

Die vorgezogene Eröffnung ist ein geschickter Trick, um das angepeilte Datum einzuhalten, obwohl man noch nicht fertig ist

Zum Festakt am Tag der Deutschen Einheit gibt’s dann zum Glück nicht Beethoven, sondern den Oper-Oratorium-Hybrid „Szenen aus Goethes Faust“ von Robert Schumann. Daniel Barenboim dirigiert. Drinnen ist längst ausverkauft, aber die Staatsoper überträgt live auf den Bebelplatz und auf Arte (21.10 Uhr).

Die feierliche Eröffnung ist allerdings erst einmal proforma. Denn nach dem so genannten Präludium, einer kurzen Konzertreihe von vier Tagen, macht das Opernhaus erst mal wieder für zwei Monate zu. Denn das neue alte Haus ist noch nicht vollständig wiederbezogen. Und so soll der reguläre Betrieb erst wieder im Dezember anlaufen.

Die vorgezogene Eröffnung ist ein geschickter Trick, um das angepeilte Datum einzuhalten, obwohl man noch nicht fertig ist. Denn nachdem man sich bereits zeit- und geldmäßig verzettelt hatte, nachdem das Land Berlin auf 165 Millionen Euro Mehrkosten wahrscheinlich sitzen bleiben wird, und nachdem verschobene Eröffnungstermine seit der BER-Misere längst ein Running Gag in der Hauptstadt sind, wollte man sich die Genugtuung bewahren, exakt sieben Jahre nach dem Umzug ins Schillertheater wieder eröffnen zu können. Freude schöner Götterfunken.

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