Kommentar Asylpolitik unter Jamaika: Obergrenze? Ja, aber …

Eine Begrenzung darf nur für Asylverfahren gelten, die Deutschland freiwillig übernimmt. Dafür muss der Familiennachzug wieder erlaubt werden.

ein Containerheim

Die meisten kommen auf Grundlage des EU-Flüchtlingsrechts – Erstaufnahmeeinrichtung in Tübingen Foto: dpa

Die Diskussion über eine Obergrenze für Flüchtlinge wird viel zu sehr als Ja/Nein-Diskussion geführt. Eine Einigung in der entstehenden Jamaika-Koalition erfordert aber auch in der Flüchtlingspolitik ein sinnvolles Gesamtpaket. Die für die CSU unverhandelbare Obergrenze sollte dabei auf diejenigen Asylverfahren konzentriert werden, die Deutschland freiwillig übernimmt, ohne dazu rechtlich verpflichtet zu sein.

Das Grundrecht auf Asyl kann nicht durch eine Obergrenze gedeckelt werden. Allerdings spielt es praktisch seit der Grundgesetzänderung 1993 auch keine große Rolle mehr. Der Großteil des Schutzes wird längst über das Flüchtlingsrecht der Europäischen Union gewährt.

Dieser EU-Schutz ist einerseits großzügiger als das alte deutsche Grundrecht, weil er auch subsidiären Schutz für Bürgerkriegsflüchtlinge bietet. Anderseits wird der Schutz in der EU gewährt und nicht speziell in Deutschland. Welcher Staat in der Europäischen Union zuständig ist, bestimmen die Dublin-Regeln. Meist sind es die EU-Außenstaaten.

Deutschland hat aus Solidarität dennoch Hunderttausende Asylverfahren übernommen und Flüchtlinge nicht nach Italien, Ungarn oder Slowenien zurückgeschickt. Dieses Selbsteintrittsrecht ist in der Dublin-III-Verordnung vorgesehen. Die Bundesrepublik Deutschland kann aber politisch entscheiden, in welchem Maße es davon Gebrauch macht. Hier können durchaus auch politisch definierte Obergrenzen eine Rolle spielen.

Entscheidend ist, was daneben möglich ist. So muss es großzügige Kontingente für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge geben, die nicht den Weg nach Europa schaffen. Der Familiennachzug für Bürgerkriegsflüchtlinge muss wieder erlaubt werden.

Und ein Einwanderungsgesetz darf sich nicht nur auf IT-Spezialisten fokussieren, sondern sollte auch den Migranten eine Chance geben, die sich bisher ohne Erfolgsaussichten auf das Asylrecht berufen.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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