Rechtsextreme in Frankreich: „Couscousgate“ mit Folgen

Der Vizepräsident des Front National, Florian Philippot, verlässt die Partei. Er zieht damit die Konsequenzen aus Querelen und Machtverlust.

Florian Philippot

Kehrt dem FN den Rücken: Florian Philippot Foto: reuters

PARIS taz | Der bisherige Vizepräsident des Front National (FN), Florian Philippot, zieht die Konsequenzen einer seit Wochen eskalierenden internen Querele: „Ich habe keine Lust, mich lächerlich zu machen, selbstverständlich verlasse ich den FN“, teilte er im Fernsehen mit.

Zuvor hatte ihm die Parteichefin, Marine Le Pen, seine bisherigen Kompetenzen in der Parteiführung entzogen. Damit ließ sie ihrem Vize, der seit Jahren ihr engster Berater in strategischen und taktischen Belangen gewesen war, praktisch keine andere Wahl.

Das im FN seit der Präsidenten- und Abgeordnetenwahlen dicke Luft herrschte, war kein Geheimnis. Philippot wird intern für das (für die FN-Anhänger) letztlich enttäuschende Ergebnis der Präsidentschaftskandidatin Le Pen und die magere Ernte von Sitzen in der Nationalversammlung verantwortlich gemacht.

Er soll auch die Partei mit seiner zu sehr auf die EU-Kritik zentrierte Linie in die Sackgasse manövriert haben, sagen seine Kritiker. Sie verlangen eine Rückkehr zu den „klassischen“ Prioritäten der extremen Rechten: Immigration und Sicherheit.

Böswilliger Tratsch

Sie verwerfen damit auch die von Philippot wesentlich inspirierten Bemühungen einer „Entdiabolisierung“ des FN, mit der Marine Le Pen auf Distanz zur traditionellen Linie seit der Gründung der Partei durch ihren Vater, Jean-Marie Le Pen, gegangen war.

Was ein öffentliches Thema war, in rechtsextremen Kreisen aber für böswilligen Tratsch sorgt: Philippot war in den Medien gegen seinen Willen als Homosexueller in Gesellschaft seines Lebensgefährten geoutet worden.

Ein anderes Argument gegen ihn lieferte er mit seiner politischen Herkunft, denn er war zu Beginn seiner Karriere ein Vertrauter des linken Ministers Jean-Pierre Chevènement gewesen.

Philippot hatte im Sommer auf diese Differenzen, Vorwürfe und Anfeindungen mit der Gründung einer eigenen Bewegung, Les Patriotes, reagiert, was die Spaltungstendenzen noch verschärfte. Damit schuf er nach den Worten der Parteichefin einen „Interessenkonflikt“.

Groteske Polemik

Wie giftig im FN solche Differenzen ausgetragen werden, beweist die groteske Polemik über ein Treffen von Philippot mit Sympathisanten in einem Couscous-Restaurant von Straßburg. Dieses „Couscousgate“ verdeutlichte, dass seine Tage in der Parteiführung gezählt waren.

Unter dem Druck des orthodoxen Flügels forderte Marine Le Pen ihren Ex-Vertrauten auf, als Zeichen seiner Loyalität wenigstens auf den Vorsitz dieses Klubs zu verzichten. Philippot weigerte sich. Er wies unter anderem darauf hin, dass auch Louis Aliot, der andere Vizepräsident des FN, einen eigenen Klub ins Leben gerufen habe.

Nur ist Aliot eben nicht nur ein erklärter Gegner von Philippot, sondern privat auch Marine Le Pens Lebenspartner. Zudem hat er im Unterschied zu Philippot formell auf den Vorsitz seines „Think tanks“ verzichtet.

Ein anderer Rivale des de facto ausgeschlossenen Vizepräsidenten, FN-Generalsekretär Nicolas Bay, hat nur darauf gewartet, dass die bisherige Nummer zwei des FN seinen Austritt erklärte. Er scheint der designierte Nachfolger in der Parteispitze zu sein.

Er verabschiedete Philippot nur wenige Minuten nach dessen Fernsehauftritt ohne Bedauern: „Ich hatte seit Monaten den Eindruck, dass Florian Philippot stur war und die Debatte verweigerte. Auf jeden Fall wollte er sie auf seinen kleinen Verein begrenzen.“

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