Kommentar Mietpreisbremse: Gescheitert – nicht verfassungswidrig

Die Mietpreisbremse ist verfassungswidrig, behauptet das Landgericht Berlin. Falsch. Aber sie ist aus anderen Gründen gescheitert.

Zwei Wohnböcke, getrennt durch einen Kanal, darüber strahlend blauer Himmel

Bis das Wasser bis zum Hals steht: die Mieten werden weiter steigen Foto: dpa

Mietenpolitik ist ein wichtiges Thema in diesem Wahlkampf. In vielen Städten galoppieren die Mieten, bezahlbarer Wohnraum ist knapp. Die Konzepte der Parteien unterscheiden sich deutlich: SPD, Linke und Grüne wollen die 2015 eingeführte Mietpreisbremse verschärfen. Union und AfD sind skeptisch und die FDP will sie gleich ganz abschaffen.

Wenn nun das Landgericht Berlin die Mietpreisbremse für verfassungswidrig hält, sieht das so aus, als hätten Union/AFD/FDP schon vor der Wahl gewonnen – am Richtertisch. Doch es besteht kein Grund zur Aufregung. Der Beschluss der Berliner Richter hat fast keinerlei Bedeutung.

Ein Gesetz kann in Deutschland nur vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt werden; ein Landgericht kann die Karlsruher Richter nur um Prüfung bitten. Doch auch das hat das Landgericht Berlin nicht getan, denn die Verfassungsmäßigkeit der Mietpreisbremse war für die Lösung des konkreten Falls gar nicht relevant. Die Berliner Richter haben ihre Position zwar mit einem Hinweisbeschluss in den Prozess eingeführt und diesen nun veröffentlicht. Letztlich ist das aber nur eine juristische Meinungsäußerung von drei Berliner Juristen.

Dass die Mietpreisbremse verfassungswidrig sei, hat man auch vorher schon gehört, etwa vom Eigentümer-Verband „Haus und Grund“. Bisher wurde sie von Kritikern aber immer als übermäßiger Eingriff ins Grundrecht auf Eigentum gebrandmarkt. Die Berliner Richter rügen nun eine Verletzung des Gleichheitssatzes und fangen damit eine ganz andere, eher marginale Diskussion an.

Dynamik bremsen statt einheitlich beschränken

Zwar stimmt der Einwand, dass die Mietpreisbremse in Berlin bei einer Miethöhe ansetzt, die 70 Prozent niedriger liegt als etwa in München. Das ist aber keine unsachliche Benachteiligung von Berliner Vermietern, wie das Landgericht nun meint. Vielmehr gibt es in fast allen Ballungsräumen einen überhitzten Wohnungsmarkt mit schnell steigenden Mieten. Die Mietpreisbremse soll die Dynamik dieses Anstiegs jeweils brechen, nicht eine bundesweit einheitliche Miet-Obergrenze sichern.

Der Beschluss des Berliner Landgerichts wird in der juristischen Debatte also keine große Wellen schlagen. Dass er dennoch viel Medienecho fand, ist nur dem Wahlkampf geschuldet – und der hohen Symbolwirkung der Mietpreisbremse, deren Name so klingt, als würde sie tatsächlich funktionieren.

Das eigentliche Problem der Mietpreisbremse ist aber kein rechtliches, sondern ein praktisches. Denn trotz Mietpreisbremse steigen die Mieten recht ungebremst weiter. Die Befürworter machen dafür die vielen Ausnahmen verantwortlich und wollen die Mietpreisbremse verschärfen. Doch selbst wenn eine verschärfte Mietpreisbremse den Mietanstieg tatsächlich stoppen würde (was keineswegs sicher ist), dann wären weiterhin Wohnungen in Ballungsräumen zu knapp. Und es ist unwahrscheinlich, dass in der Konkurrenz um die weiterhin zu knappen Mietwohnungen nun plötzlich vor allem die einkommensschwachen und besonders schutzbedürftigen Bewerber zum Zuge kämen.

Auch wenn die Mietpreisbremse schön klingt, ist doch der Bau von hunderttausenden öffentlich geförderter günstiger Wohnungen mit Sozialbindung viel wichtiger. Hierfür sind aber wiederum die Länder zuständig, weshalb diese Diskussion im Bundestagswahlkampf leider auch ziemlich symbolisch ist.

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Geboren 1965, Studium in Berlin und Freiburg, promovierter Jurist, Mitglied der Justizpressekonferenz Karlsruhe seit 1996 (zZt Vorstandsmitglied), Veröffentlichung: „Der Schiedsrichterstaat. Die Macht des Bundesverfassungsgerichts“ (2013).

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