Nordkorea meldet Atomwaffentest: Eine Wasserstoffbombe für Kim

Ungeachtet aller Warnungen unternimmt Nordkorea einen neuen Nukleartest. Eine Wasserstoffbombe soll gezündet worden sein.

Mehrere Männer stehen um einen länglichen Metallkörper herum

Dieses nordkoreanische Propagandabild soll Kim Jong Un beim Inspizieren des Atomwaffenprogramms zeigen Foto: reuters

SEOUL taz | Für den nordkoreanischen Propaganda-Apparat war es ein gelungener Coup: Am Morgen verkündete Kim Jong Un über die staatliche Nachrichtenagentur KCNA, dass das Land nun über Wasserstoffbomben verfüge, mit denen sich Interkontinentalraketen bestücken ließen. Während Experten noch über den Wahrheitsgehalt von Kims kühner Behauptung rätselten, schien das nordkoreanische Militär um 12:00 Ortszeit den Beweis nachzuliefern – mit einem erneuten Atomtest.

Nordkoreas mittlerweile sechster Atomtest ist der mit Abstand stärkste bislang: Bis zu zehnmal mehr Energie wurde freigesetzt im Vergleich zum letzten Test vor genau einem Jahr. Laut US-Angaben wurden Erdbeben der Stärke 6,3 auf der Richter-Skala ausgelöst. Deren Auswirkungen waren sowohl im russischen Wladiwostok als auch in der chinesischen Grenzstadt Yanji deutlich zu spüren. Nach ersten Schätzungen soll die Sprengkraft rund 10 Kilotonnen betragen haben. All das deutet tatsächlich auf eine Wasserstoffbombe hin. Sollte sich Nordkoreas weitere Behauptung bewahrheiten, dass es die Sprengköpfe auf eine Interkontinentalrakete montieren könne, dann wären künftig auch Teile des US-Festlands bedroht.

Dementsprechend werteten viele Experten den nordkoreanischen Atomtest als „Meilenstein“ für die nukleare Abschreckungsstrategie Kim Jong Uns. Für US-Präsident Donald Trump ist es der erste Atomtest in seiner bisherigen Amtszeit. Erst im April wurde er von Reportern gefragt, ob ein solcher eine militärische Reaktion der USA auslösen würde. Seine Antwort damals: „Ich weiß es nicht. Wir werden sehen“.

Die Nachbarstaaten reagierten erzürnt auf Nordkoreas erneute Provokation. Südkoreas Präsident Moon Jae In berief ein nationales Sicherheitstreffen ein. Sein Kollege Shinzo Abe aus Japan sagte: „Nordkoreas Atomtest – wenn er sich als wahr herausstellt – kann unter keinen Umständen toleriert werden“. Abes Regierungssprecher sprach sich dafür aus, auch den Handel mit Öl-Produkten nach Nordkorea künftig zu sanktionieren – quasi die letzte Lebensader des nordkoreanischen Regimes.

Zynische Reaktionen der Experten

Dennoch ist fraglich, inwieweit Sanktionen das Atomprogramm Nordkoreas überhaupt stoppen können. Laut einer Stellungnahme der Nachrichtenagentur KCNA seien alle Bauteile der Wasserstoffbombe in Nordkorea selbst hergestellt worden. Man könne „so viele machtvolle Atomwaffen entwickeln“, wie man will. Victor Cha, der vor kurzem von der Trump-Regierung als Botschafter nach Seoul entsandt wurde, behauptete einmal, dass es im Nordkorea-Konflikt „keine guten Optionen gebe, sondern nur schlechte“.

„Der sechste Atomtest kommt ohne Überraschung, war allgemein erwartet“, twitterte John Delury von der Yonsei Universität. Tatsächlich hat der südkoreanische Geheimdienst seinen Abgeordneten bereits am Montag davon unterrichtet, dass das nordkoreanische Militär kurz davor stünde. Trotz der ernsten Lage reagierten viele Nordkorea-Experten auf Twitter geradezu zynisch. „Mit der Familie am Strand, keine Zeit für den Atomtest“, schrieb etwa Robert E. Kelly von der Busan National University.

Für die Anwohner in der Region behielt das nordkoreanische Fernsehen in seiner Sonderankündigung zumindest eine gute Nachricht bereit: Angeblich soll bei dem Atomtest weder radioaktives Material ausgelaufen, noch die Umwelt zu Schaden gekommen sein.

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