Kolumne Wir retten die Welt: Fairberlin, der Teuerflieger

Fliegen ist umweltschädlich, weiß ja jeder. Dennoch bringen uns Billigairlines in den Urlaub. Eine ökologische Airline, das wäre doch mal was.

Nebeneinander aufgereiht stehen sechs rot-weße Air-Berlin-Flugzeuge nebeneinander, die Flugzeugnasen zeigen nach rechts

Fehlt nur noch das F vor Air Berlin, synthetischer Treibstoff und Biobaumwolle-Uniformen – fertig! Foto: dpa

Beim Thema Klima kommt bei vielen langsam Panik auf. Erst Harvey, jetzt Irma, schlimm, schlimm. Noch schlimmer: Airberlin ist pleite. Die grünste aller Airlines! Hektisch wurden in den letzten Wochen um mich herum die Gratismeilen abgeflogen: schnell den Sohn nochmal nach Essen geschickt, die Familie nach München gebucht. Das Vorbild an Ökoeffizienz trudelt und damit die letzte verlogene Entschuldigung fürs Fliegen. Wie kommen wir in Zukunft in die Sonne?

Das Elend bricht mir das Herz. Deshalb habe ich mich zu einem radikalen Schritt entschlossen: Ich kaufe Airberlin. Und mache die erste echte nachhaltige, faire und gesundheitsfördernde Ökoairline daraus. FAIRBERLIN. Ich nehme alle Ersparnisse aus 20 Jahren taz-Lohn und sammle ein paar Milliarden per Crowdfunding oben drauf. Ökobanken und KfW rennen mir ohnehin die Bude ein, wenn sie den Businessplan sehen.

Denn FAIRBERLIN wird etwas Einmaliges. Die einzige Airline, die kein Klimakiller ist. Überall sonst ist der Wochenendtrip nach Barcelona latent an ein schlechtes Gewissen gekoppelt. Schließlich ist Fliegen für Ottomotornormalverbraucher die effizienteste Art, das Weltklima zu ruinieren. Allein die Lufthansa trägt so viel zur Erderwärmung bei wie ganz Ungarn. Carsharen, Ökostrom und nur veganes Tomatenbrot essen – ein Flug mit Mama nach Miami und die Ökobilanz ist im Eimer. Das muss nicht sein!

Wir werden FAIRBERLIN nämlich ganz neu betanken. Nicht mehr mit Kerosin, sondern mit synthetischem Treibstoff. BtL heißt die Zauberformel, Biomass to Liquid: Ernteabfälle zu Gas verarbeiten, das Synthesegas mit dem Fischer-Tropsch-Verfahren zu Treibstoff machen. Oder so. Das funktioniert, die US-Luftwaffe fliegt auch damit. Also Start frei! Noch sind die Mengen und der Preis ein Problem, aber das wird schon. Vor ein paar Jahren galten auch Solaranlagen noch als unerschwinglich.

Mit FAIRBERLIN in die Zukunft investieren

So viel teurer wird unser Service gar nicht. Vielleicht 30 bis 50 Prozent mehr als jetzige Tickets, schätzt ein Experte. Also statt 102 Euro nach Barcelona vielleicht 140 Euro. Dass unser sauberes Fliegen was kostet, ist sogar ein Vorteil: Wer mit FAIRBERLIN fliegt, der muss sich das leisten können. Hier kommt ein stolzer Teuerflieger. Mit Ryanair nach Malle kann jeder. Mit FAIRBERLIN nach Dubrovnik, das ist ein echtes Investment in die Zukunft unserer Kinder.

Wir bieten Manufactum mit Flügeln, Tesla ist auch nicht billig. Natürlich ist das Konzept ganzheitlich: Die Stewards tragen Uniformen aus Biobaumwolle. Das Essen kommt vom Ökohof Brodowin, und wir steuern keine Diktaturen an. Ankara und Washington werden als Destinationen gestrichen, mit uns geht es nach Schweden, Norwegen und vielleicht noch ins Wendland. Die Nachfrage wird enorm sein.

Klar, das kann auch schief gehen. Schadet aber nichts. Dann machen wir Spielplätze aus Flugzeugen und schulen die Stewardessen zu Erzieherinnen um („Bitte, stellt eure Sitze jetzt aufrecht!“). Und mit den Start- und Landerechten machen wir, was man mit CO2-Emissionszertifikaten tun kann und was Greenpeace mit der Braunkohlesparte von Vattenfall vorhatte: Wir legen sie einfach still. Eine ganze Airline aus dem Verkehr ziehen, das wäre die endgültige klimapolitische Großtat.

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Jahrgang 1965. Seine Schwerpunkte sind die Themen Klima, Energie und Umweltpolitik. Wenn die Zeit es erlaubt, beschäftigt er sich noch mit Kirche, Kindern und Konsum. Für die taz arbeitet er seit 1993, zwischendurch und frei u.a. auch für DIE ZEIT, WOZ, GEO, New Scientist. Autor einiger Bücher, Zum Beispiel „Tatort Klimawandel“ (oekom Verlag) und „Stromwende“(Westend-Verlag, mit Peter Unfried und Hannes Koch).

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