Benennung von Fleischersatzprodukten: Veganes Rinderfilet sagt man nicht

Ob fleischloses Cevapcici oder vegetarische Salami: Im Haus von CSU-Landwirtschaftsminister Schmidt gibt es Streit über die zulässigen Namen.

Jemand hält lächelnd eine Papiertüte, in der Curry-Wurst liegt, in den Händen

Sieht wie eine aus, soll aber nicht vegane Curry-Wurst heißen Foto: dpa

BERLIN taz | Für sein vegetarisches Cordon Bleu muss sich Rügenwalder Mühle künftig einen neuen Namen ausdenken – zumindest wenn es nach dem neuen Entwurf des Leitsatzes zur Benennung von vegetarischen und veganen Lebensmitteln geht, den die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission formuliert hat. Danach darf das vegane Schnitzel seinen Namen behalten, das fleischfreie Cevapcici hingegen nicht.

Die Logik dahinter: Allgemei­ne Fleischbezeichnungen wie Frikadelle, Schnitzel oder Steak sind weiter erlaubt, solange sie als vegetarisch deklariert werden. Spezifischere Begriffe, die zum Beispiel Fleischstücke oder bestimmte Tierarten beschreiben, dürften dagegen nicht mehr verwendet werden. „Beim veganen Rinderfilet hört der Spaß einfach auf“, sagt ein Sprecher des Deutschen Fleischerverbandes, der sich in der Kommission gegen die Zulässigkeit von „Fleischbegriffen“ eingesetzt hat.

Die Leitsätze im Deutschen Lebensmittelbuch legen fest, wie bestimmte Nahrungsmittel beschaffen sind – was also auch in Schokopudding oder Kartoffelbrei drin sein darf, damit die ihre Namen verdienen. Zwar haben die Leitsätze keine rechtliche Bindung. „Sie sind aber eine wichtige Orientierungshilfe in der Lebensmittelbranche und werden bei juristischen Auseinandersetzungen häufig als Urteilsgrundlagen genommen“, sagt Felix Domke vom Vegetarierbund Deutschland (Vebu). Viele Lebensmittelhersteller hielten sich deshalb an die Regelungen, um Rechtsstreite zu vermeiden.

Rügenwalder Mühle ist ein konventioneller Hersteller – und inzwischen Deutschlands größter Markenproduzent von Fleisch­alternativen. Hier hat man trotz der Kommissionsempfehlung derzeit nicht vor, die vegetarische „Pommersche“ umzubenennen. „Es handelt sich ohnehin erst einmal nur um einen Entwurf“, sagt Geschäftsführer Godo Röben der taz. Bis zum 22. September hätten nun verschiedene Branchenverbände Zeit, die Vorgaben der Lebensmittelbuch-Kommission zu kommentieren. Erst Ende des Jahres soll die Empfehlung des Gremiums, das im Auftrag des Agrarministeriums bei der Benennung von Lebensmitteln berät, ausgesprochen werden. Auch Röben sitzt als Gutachter in der Lebensmittelbuch-Kommission – und ist gegen den aktuellen Entwurf der Leitlinie: „Vegetarische Salami soll in Zukunft nur noch ‚Wurst auf Tofubasis nach der Art von Salami‘ heißen – das verwirrt die Verbraucher noch viel mehr.“

Felix Domke, Vebu

„Die Unterscheidungen, was erlaubt ist und was nicht, sind kompliziert, willkürlich und teilweise sehr seltsam“

Der Entwurf des Leitsatzes geht auf einen Vorstoß des Agrarministers Christian Schmidt (CSU) zurück, der die Kennzeichnung vegetarischer Produkte mit Fleischnamen verbieten lassen wollte. Schmidt hatte Namen wie die „vegane Currywurst“ als „komplett irreführend“ bezeichnet und ein Verbot solcher Bezeichnungen auf EU-Ebene gefordert. Ein solches Verbot gibt es seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Juni – allerdings nur bei Milch­ersatzprodukten. Für Veggie-Fleisch liegt eine Entscheidung auf EU-Ebene in weiter Ferne. Deshalb soll nun eine nationale Leitlinie im Lebensmittelbuch für Begriffsklarheit sorgen. Vebu-Mann Domke glaubt jedoch, dass diese genau das Gegenteil bewirkt: „Die Unterscheidungen, was erlaubt ist und was nicht, sind kompliziert, willkürlich und teilweise sehr seltsam“, sagt er.

Der Vebu, der auch in der Kommission sitzt, bemängelt zudem die fehlende Transparenz des Gremiums, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit arbeitet. Alle Beteiligten hätten eine Verschwiegenheitsklausel unterzeichnen müssen. Das findet Domke „sehr skurril“.

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