Kommentar Schröder und Rosneft: Im Russland-Glashaus

Man kann Gerhard Schröder kritisieren. Dann muss man aber auch eine Osteuropapolitik anbieten, die sich von Schröders Argumentation abhebt.

Ein abstraktes blau-gelbes Muster auf einer Betonwand, daneben die Silhouette eines Mannes

Unabdingbar für die deutsche Energiesicherheit? Rosneft-Logo im sibirischen Neftejugansk Foto: reuters

So schlimm ist Gerhard Schröder gar nicht. Okay, es war nicht nett, mit den Hartz-Gesetzen Hunderttausende in die Armut zu stürzen. Es ist auch nicht die feine Art, nach der Amtszeit dank alter Kontakte in der Privatwirtschaft abzusahnen. Übler als andere Seitenwechsel ist der Exkanzler aber auch nicht – selbst wenn er sein Geld in Moskau verdient. Zumal seine Kritiker aus Union (lauter) und SPD (etwas leiser) mit einem anderen Russland-Geschäft viel weniger Probleme haben.

Sein geplantes Engagement beim Ölkonzern Rosneft verteidigte Schröder am Mittwoch erneut: Er wolle dabei mithelfen, die Energiesicherheit Deutschlands zu gewährleisten. Mit der selben Argumentation rechtfertigt die Bundesregierung die geplante Gaspipeline Nord Stream 2, die Russland und Deutschland durch die Ostsee verbinden soll.

Federführend ist der Gazprom-Konzern, der ebenso wie Rosneft von EU-Sanktionen betroffen ist. Trotzdem schrieb die Bundesregierung im vergangenen Jahr als Antwort auf eine Bundestagsanfrage: „Das Projekt kann einen Beitrag zur Energiesicherheit Deutschlands leisten.“

Und Schröders Äußerungen zu Georgien und der Ukraine? Es sei nicht sinnvoll, über deren Annäherung an EU und Nato ohne den Kreml zu reden, sagte er am Mittwoch. Das ist zwar nicht schön, aber auch nicht ganz falsch – und in Deutschland Regierungslinie. Oder denken SPD und Union nach Georgienkrieg und Ukrainekrise noch ernsthaft über die Aufnahme der beiden Länder nach?

Nein, wer Schröder glaubwürdig für dessen Russland-Connection kritisieren will, muss schon eine Osteuropapolitik anbieten, die sich von der des Altkanzlers abhebt. Ein Anfang wäre es, Alternativen zur Nord-Stream-Pipeline zu erarbeiten.

Vorschläge der EU-Partner liegen vor, darunter eine Erhöhung des Imports aus Norwegen. Das ist übrigens ein wohlhabendes Land. Vielleicht könnte dort also sogar ein schöner neuer Posten für Schröder herausspringen.

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Geboren 1988, arbeitet seit 2013 für die taz. Schreibt als Parlamentskorrespondent unter anderem über die Grünen, deutsche Außenpolitik und militärische Themen. Leitete zuvor das Inlandsressort.

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