Kritik an Crowdfunding-Plattformen: Investieren und riskieren

Crowdfunding-Plattformen klären Anleger zu wenig über die Risiken auf, bevor diese investieren. Das ergibt eine Untersuchung von Stiftung Warentest.

Ein Mann winkt aus dem Fenster eines orangefarbenen Zuges

Abgefahren: Auch Bahnkonkurrent Locomore hatte Geld per Crowdfunding eingeworben Foto: dpa

BERLIN taz | Internetplattformen, die über Crowdfunding-Projekte informieren, klären Anleger zu wenig über die Risiken auf. Das ergibt eine Untersuchung von 22 Plattformen der Stiftung Warentest, die am Montag veröffentlicht wurde. Warum die Plattformen bestimmte Projekte auswählten, bleibe meist im Dunkeln, kritisiert die Stiftung. In der Frage, welche Projekte zu den potenziellen Geldgebern passten, würden diese allein gelassen.

Wie aber funktioniert Crowdfunding? Die Internetplattformen stellen die Projekte vor, Anleger können in einer fest­gelegten Zeitspanne Geld zusagen. Kommt genügend Geld zusammen, müssen die Anleger investieren.

Da es sich bei den Anlagen gewöhnlich um Nachrangdarlehen handelt, droht bei ihnen der Totalausfall. Wird das schuldende Unternehmen liquidiert oder geht es insolvent, treten die Ansprüche der Crowd hinter die Forderungen anderer Gläubiger zurück. Deswegen muss die Crowd sich Stiftung Warentest zufolge gut über die Projekte informieren und ihr Geld auf verschiedene Projekte verteilen.

Die Plattformen fungierten jedoch als reine Vermittler zwischen Unternehmen und Anlegern, nicht als Berater, so die Stiftung. Der Gesetzgeber erlaube Unternehmen, die maximal 2,5 Millionen Euro für Projekte einsammeln, statt eines umfangreichen Verkaufsprospekts einen maximal drei Seiten umfassendes Vermögensanlage-Informationsblatt zu veröffentlichen. Das entstehende Informationsdefizit gleichen die Crowdfunding-Plattformen laut der Untersuchung von Stiftung Warentest jedoch nicht aus.

Höhere Renditen locken Anleger

Der relativ junge Markt – in Deutschland gibt es Crowdfunding seit 2011 – boomt momentan. Im ersten Halbjahr 2017 liehen sich Anbieter nach Angaben des Internet-Informations­portals Crowdfunding.de rund 73 Millionen Euro, 2016 waren es knapp 64 Millionen Euro.

„Crowdinvestment wirkt für viele attraktiv, da es mehr Rendite verspricht als Anlagen bei einer Bank“, sagt Wolf Brandes, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Hessen. „Eigentlich war Crowdfunding für neue, junge Unternehmen gedacht, die schlecht an Geld über Banken gelangen“, sagt Brandes.

Tatsächlich machen jedoch Immobilien laut Stiftung Warentest mit 80 Prozent das größte Marktsegment aus, Start-ups kommen nur auf 13 Prozent. Den kleinsten Marktanteil halten mit sieben Prozent erneuerbare Energien. Der Immobilienmarkt wächst momentan, Stiftung Warentest warnt allerdings davor, dass schon ein kleines Minus beim Projekt der Crowd große Verluste bringen könnte.

Im Vergleich zu Nachrangdarlehen beim Crowdinvestment seien Aktien die flexiblere Anlageform, sagt Brandes. „Die Anleger können jederzeit verkaufen, es gibt teilweise viel höhere Gewinne.“ Auch Aktien würden Risiken bergen. „Derer sind sich die Anleger aber vermutlich bewusster als beim Crowdinvesting, das dem grauen Kapitalmarkt zugerechnet wird.“

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