Kommentar Reform der Blutspenderegeln: Der Homo-Vorbehalt bleibt

Die Ärztekammer lockert ihre Regeln zur Blutspende – diskriminierend bleiben sie dennoch. Schwuler Sex gilt weiterhin als bäh und igitt.

Ein Mann liegt auf einer Liege und lässt sich Blut abnehmen

Muss man den Homo-Hetero-Unterschied überhaupt machen? Foto: dpa

Eigentlich ist es eine gute Nachricht. Die Bundesärztekammer ändert ihre Regeln zur Blutspende. Bisher: voll homophob. Schwule und bisexuelle Männer durften kein Blut spenden, galten qua sexueller Orientierung als Risikogruppe. Einmal Sex mit einem anderen Mann reichte, und man war für den Rest des Lebens raus. LGBT-Lobbygruppen und Aktivist_innen haben seit Jahren gegen diese Regelung gekämpft. Dass sie nun endlich gekippt wird, scheint wenige Wochen nach der „Ehe für alle“ wie ein weiterer Meilenstein im Abbau der Diskriminierung von Homosexualität.

Oder etwa nicht? Tja. Komplett abgeschafft wurde die Regel nämlich nicht. Nur gelockert, gekürzt von lebenslang auf ein Jahr: Blut spenden darf ein Mann nur, wenn er in den letzten zwölf Monaten keinen sexuellen Kontakt mit einem anderen Mann hatte. Der Homo-Vorbehalt gilt also weiterhin.

Dafür gibt es medizinische Gründe: Rein statistisch gesehen sind Männer, die mit Männern Sex haben, häufiger mit HIV oder Hepatitis C infiziert als andere Menschen. Doch das lässt außer Acht, dass die Infektion mit einer sexuell übertragbaren Krankheit nicht von der eigenen sexuellen Orientierung oder vom Geschlecht des Sexualpartners abhängt – sondern davon, ob der Sex safe oder unsafe ist. Tatsächlich wird mit der Reform der Blutspenderegeln nur eine große Diskriminierung durch eine etwas kleinere ersetzt: Schwuler Sex gilt weiterhin als bäh und igitt. Hetero-Sex darf man übrigens vor dem Blutspenden haben, nur nicht „mit häufig wechselnden Partnern“.

Muss man den Homo-Hetero-Unterschied überhaupt machen? Nein. Bulgarien, Italien, Lettland, Polen und Portugal zeigen, wie es geht. Sie fragen nicht nach dem Geschlecht der Sexualpartner, sondern nach individuellem Risikoverhalten. In Deutschland bleibt schwulen Männern beim Blutspenden erst mal nur das, was viele schon seit Jahren praktizieren: verantwortungsbewusst lügen.

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Berliner mit Kartoffelhintergrund. 2011-2020 bei der taz, u.a. als Ressortleiter Online, jetzt Autor, Themen: Privilegien, Machtstrukturen, USA, Italien, Fußball, Queer, Comics u.a.

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