ARD-Doku „Glaubenskrieger“: Die wollen ganz schön viel

Eine muslimische Performancegruppe zieht mit Schockaktionen durch die Innenstädte. Der Film über das Ganze ist leider überladen.

Ein Mann, dahinter ein Fotograf

„Glaubenskrieger“ Hassan bei einer Aktion in Essen Foto: WDR

Ahmed Abed beendet sein Gebet. „Soweit läuft alles, aber Ahmed muss die Pistole noch besorgen.“ Weitere Männer sitzen auf dem Boden. Sie befinden sich mitten in der Planung. Ihre Blicke sind konzentriert. Die nächsten Schritte sind wichtig, der kommende Tag ist wichtig. Um 11 Uhr soll es losgehen. Mitten in Düsseldorf. „Wenn die Fußgängerzone voll ist.“

Das verwirrende Spiel aus Entsetzen und Erwartungshaltung funktioniert. Die drei muslimischen Männer aus dem Film planen nämlich keineswegs eine terroristische Aktion. Sondern provokative Performance-Kunst: In der Düsseldorfer Fußgängerzone stellt die Gruppe eine Hinrichtung des IS nach.

„Glaubenskrieger“ von Till Schauder ist der Gewinnerfilm des „Top of the Docs“-Wettbewerbs der ARD von 2016 und handelt von der Performancegruppe 12thMemoRise. Die Gruppe will durch Darbietung von Schockmomenten IS-Sympathisierenden vor Augen führen, was für eine bestialische Gewalt ihre Interpretation des Korans bedeutet. Auf der anderen Seite möchte 12thMemoRise auch Xenophobe erreichen. Ein Spagat.

Ein Spagat ist auch die Doku. Oft fällt es schwer, dem Film zu folgen: Es geht um den Hass und die Hetze, die der Truppe um die Ohren fliegt, um ihre familiären Hintergründe, Kritik an DITIB und IGS, die zu Morddrohungen auf Facebook führt.

Grammatikfehler und Liebe

Die Brüder Geuad diskutieren mit Teilnehmenden an Pegida-Treffen oder der „Merkel muss weg“-Demo in Berlin und weisen sie auf Grammatikfehler auf ihren Plakaten hin. Die Gruppe zerkracht sich. Es gibt eine Reunion. Mohammed Geuad erzählt von Liebe und seiner ehemaligen Verlobten. Bei „Glaubenskrieger“ geht es um sehr vieles.

Dokumentarfilm „Glaubenskrieger“ von Till Schauder, am 19.07. um 23.15 Uhr auf ARD

„Ich finde, man schmeißt jetzt viel zu viel durcheinander“, sagt an einer Stelle eine Frau von 12thMemoRise, als die erste Aktion nach der Wiedervereinigung geplant wird. „Ich habe nicht verstanden, um was es genau geht. Was kritisieren wir und wen wollen wir ansprechen?“ Die junge Frau, die im Film leider namenlos bleibt, hat recht: Ein großes Tohuwabohu an Zielen, die 12thMemoRise da versucht zu erreichen – und der Film versucht, abzubilden.

Es gibt so viele Stränge, denen es zu folgen gilt, dass man darüber leider nicht so richtig warm wird mit dem Film. Regisseur Till Schauder hätte wohl gut daran getan, nicht alle verschiedenen Perspektiven und Hintergründe, die für 12thMemoRise mehr oder weniger relevant sind, in knapp eineinhalb Stunden Filmlänge pressen zu wollen.

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