Kommentar Rechtsstaat in Polen: Strauchelnde Demokratie

Polens Regierungspartei will die Gewaltenteilung abschaffen. Bleibt nur zu hoffen, dass Präsident Duda Vernunft zeigt.

Jaroslaw Kaczynski steht an einem Pult

Ohne Amt der mächtigste Mann im Staat: der PiS-Parteivorsitzende Jaroslaw Kaczynski Foto: reuters

Polen steht kurz davon, sich erneut in eine autokratische Diktatur zu verwandeln. Doch eine kleine Hoffnung besteht noch. Polens Präsident Andrzej Duda könnte im letzten Moment sein Veto gegen das Gesetz einlegen, mit dem das bisherige Oberste Gericht abgeschafft werden soll.

Die nationalpopulistische Partei „Recht und Gerechtigkeit (PiS) will die Gewaltenteilung und damit Polens demokratischen Rechtsstaat abschaffen. Offiziell verkündet die Partei, die seit Ende 2015 mit absoluter Mehrheit in Polen regiert, sie wolle „dem Volk“ die Kontrolle über die Gerichte „zurückgeben“.

In Wirklichkeit zentriert sich alle Gewalt in den Händen weniger Parteimitglieder. Schon jetzt ist der PiS-Parteivorsitzende Jaroslaw Kaczynski der mächtigste Mann im Staate, obwohl er formal lediglich ein einfacher Sejm-Abgeordneter ist. Offiziell verkündet Kaczynski, dass „das Volk“ seine Partei mit dem „Systemwandel“ beauftragt habe – weg von der von ihm so verhassten Demokratie des Jahres 1989 hin zu einer neuen „Herrschaft der Gerechten“, der „IV. Republik“.

Doch das Mandat zur Verfassungsänderung und damit zum Systemwandel wurde der Partei nie erteilt. Gerade mal 37 Prozent der Wähler stimmten 2015 für die PiS oder – anders ausgedrückt – 19 Prozent aller Wahlberechtigten. Das ist nicht „das Volk“. Da alle linken Parteien an der 5-Prozent bzw 8-Prozent-Hürde für Parteienbündnisse scheiterten, wurden deren Sejm-Sitze proportional auf alle Parteien im Sejm verteilt. So kam die PiS zu ihrer absoluten Mehrheit.

Finis Poloniae

Um den „Systemwandel“ durchführen zu können, musste die Partei nicht nur die gesamte bisherige Elite gegen PiS-Partei-Soldaten austauchen, sondern auch das Verfassungsgericht aus dem Weg räumen. Nach monatelanger Attacke mit immer neuen Gesetzen zur Arbeitswiese des Verfassungsgericht ist davon heute nur noch der Name übrig.

Einer der neuen Verfassungsrichter gab unlängst freimütig zu, dass er für die Regierung arbeite. Die neuen Richter prüfen die Gesetze nicht mehr auf ihre Verfassungsmäßigkeit, sondern nur noch darauf, ob sie die Macht der PiS stärken.

Die Hoffnung auf den Präsidenten ist nicht allzu groß, hat er doch bisher skrupellos fast alle PiS-Gesetze zum Abbau der Demokratie unterschreiben. Sollte er auch dieses unterschreiben, wäre die das Ende der polnischen Demokratie: Finis Poloniae.

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