Kommentar Ehe für alle: Es gibt kein Halten mehr

Nach Irland führt auch Malta die Ehe für alle ein. Die katholische Kirche sollte sich damit abfinden, dass sie den Kampf gegen sie nicht gewinnen kann.

Ein älteres Ehepaar, Frau und Mann, betet vor einer Heiligenfigur

Beten nützt da auch nichts: Wie hier in Malta wird in immer mehr katholischen Ländern die Ehe für alle eingeführt Foto: ap

Das Parlament in Malta hat am Mittwoch mit nur einer Gegenstimme die Ehe für alle beschlossen. Diese Entscheidung in einem sehr katholischen EU-Land ist ein weiterer Rückschlag für alle Gruppen in der katholischen Weltkirche, die meinen, solche Gesetze müssten mit aller Vehemenz bekämpft werden – sonst drohe über kurz oder lang der Untergang des Abendlandes.

Die Entscheidung der irischen Regierung, nach einem entsprechenden Votum des irischen Volks in einem Referendum die Ehe für alle zuzulassen, war vor rund zwei Jahren jedoch die viel härtere Niederlage für diese erzkonservativen Gruppen. Denn wenn selbst das urkatholische Irland, von dem einst die Missionierung Mitteleuropas ausging, die sogenannte Homo-Ehe einführt – wo ist dann noch ein Halten?

Fehlt nur noch die Heimat des Heiligen Johannes Paul II, Polen. Und Italien, direkt unter der Nase des Papstes! Italien und Polen aber sind noch relativ weit davon entfernt, das einzuführen, was auch im vergleichsweise wenig katholischen und noch ziemlich protestantischen Deutschland viele Jahre dauerte: die Ehe für alle, egal ob homo oder hetero.

Dabei wäre es an der Zeit, dass sich die katholische Kirche damit abfindet: Dieser Kampf ist nicht mehr zu gewinnen – die Ehe für alle wird in ganz Europa kommen, früher oder später. Und natürlich wird dadurch nicht das christliche Abendland untergehen. Denn die Ehe ist ein staatliches Instrument, das vor allem Pflichten für zwei Menschen vorsieht, die sich in Liebe dazu entschlossen haben, ihr Leben miteinander zu teilen, im besten Fall, bis der Tod sie scheidet.

Die Katholiken muss nicht jucken, was der Staat macht

Theologisch-religiös verändert das staatliche Institut „Ehe für alle“ nichts. Denn die kirchliche Eheschließung und das katholische Verständnis von Ehe sind davon schlicht nicht betroffen. Wenn die katholische Kirche in ihrer Mehrheit und in ihrer Spitze meint, dass eine Ehe mit Blick auf die Bibel weiterhin nur die Verbindung zwischen Mann und Frau sein darf, kann sie das ja für ihre Eheschließungen so bestimmen. Aber was sollte sie da jucken, was der Staat macht? Die katholische Kirche mischt sich ja auch nicht in die Frage ein, wie hoch der Spitzensteuersatz sein soll. Zu Recht.

Es gibt in der katholischen Kirche einen sehr konservativen Flügel, der alle Fragen der Familie, der Ehe und der Sexualität zu zentralen Glaubensfragen hochstilisiert – was sie aber nicht sind. Papst Franziskus ist zwar nicht der Liberalste in dieser Hinsicht, aber er ist klug, barmherzig und realistisch genug, diese Fragen eher gelassen zu sehen.

Mit gutem Grund. Denn die Botschaft Jesu ist viel mehr als das, was erzkatholische Kreise mit ihrer beschämenden Fixierung auf scheinbar anständige Familien, Ehen und Sexualität glauben (und dann häufig selbst nicht leben). Es ist bezeichnend, dass es zu diesen Feldern relativ wenige Jesus-Worte gibt – und wenn, dann enden sie meist so wie bei der Geschichte Jesu mit der Ehebrecherin: Die ach so frommen und gesetzestreuen Männer trollen sich fort. Die Sympathie Jesu gilt ihr. So gesehen kann die katholische Kirche gut mit einer staatlichen „Ehe für alle“ leben. Eines Tages wird sie das auch.

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