Lewes FC ohne Gender Pay Gap: Gleiches Geld für gleiches Training

Der englische Lewes FC zahlt als erster Fußballclub der Welt seinem Frauenteam genausoviel wie den Männern. Das war auch im Verein umstritten.

Georgia Bridges von Lewes FC rennt fröhlich über das Spielfeld

Darf sich über mehr Spesen freuen: Georgia Bridges von Lewes FC feiert ein Tor gegen Huddersfield Town Foto: Lewes Community FC

LEWES taz | Was hat es wohl auf sich, wenn ein kleiner, eher unbekannter südenglischer Fußballverein bei einer Veranstaltung der internationalen Fußballverbände Fifa und Uefa in Amsterdam langen Applaus erhält? Einen Hinweis bietet der Grund für das Treffen. Es galt Frauen, die weltweit in der Fußballführung aktiv sind – auch das schon ein respekta­bles Zeichen für eine Änderung, die sich langsam in der Welt des Fußballs vollzieht.

Was dieser kleine Verein da auf die Beine stellte, wäre an gewöhnlichen Arbeitsplätzen keine Überraschung mehr, sondern genau das, was man eigentlich erwartet. Aber Lewes Community FC ist angeblich sogar der erste professionelle beziehungsweise semiprofessionelle Verein der gesamten Welt, der etwas einführte, was jetzt für Schlagzeilen sorgt.

Seit dem 12. Juli erhalten das beste Männerteam und das beste Frauenteam des Klubs die vollkommen gleichen Ressourcen, in Sachen Finanzierung und Bezahlung genauso wie in allen anderen Belangen, wie beispielsweise den Trainingsbedingungen. Außerdem gründete der Verein eine Kampagne Namens Equality FC, die über die Grenzen des Vereins hinaus gleiche Ressourcen für Männer- und Frauenteams im Fußball fordert.

Schon jetzt gebe es andere Vereine, die Interesse gezeigt hätten, die Kampagne zu unterstützen, so der Verein. Nicht jedoch unter den vier führenden Klubs der Premier League des englischen Frauenfußballs – Arsenal, Chelsea, Manchester City und Birmingham. Nicht ein einziger der vier Vereine antwortete der taz auf direkte ­Anfrage mit einer Stellungnahme zu dem Beispiel von Lewes FC. Den Vorsitzenden von Lewes FC, ­Stuart Fuller, überrascht das keineswegs, denn seiner Einschätzung nach gibt es immer noch viele Hürden, die der Frauenfußball zu überwinden hat, um Gleichstellung zu erreichen.

Zehnmal so viel Geld wie vorher

Fuller schilderte der taz, dass die Idee zur Gleichstellung letzten Sommer von einem Direktor kam, der nicht genannt werden will. Sie habe anfangs zu heftigen Diskussionen geführt. Die Hauptfrage sei nicht gewesen, ob der Schritt richtig ist, sondern, ob er finanziell und nachhaltig machbar wäre, „insbesondere weil wir vor einigen Jahren wegen der Abhängigkeit von einer bestimmten Finanzquelle, die versiegte, fast zugrunde gingen“.

Monatelang habe der Vorstand Finanzmodelle studiert, bis man schließlich der Gleichberechtigung grünes Licht gab. Möglich sei die Entscheidung durch gutes finanzielles Management, erzählt Fuller. Für die Frauen des Vereins bedeutet dies nun, dass sie zehnmal so viel Geld bekommen wie vorher.

Ein paar Unterschiede bleiben dennoch. So spielt das erste Männerteam des Vereins in der Achten Liga Englands, während die Frauen in der Dritten Liga kicken. Dafür müssen die Frauen des Lewes FC nur 24 Spiele pro Saison bestreiten, die Männer hingegen müssen in 50 Spielen auf dem Rasen stehen. „Wir wissen, dass wir mit den Ressourcen, die wir für unsere Männer bereitstellen, unter die ersten Sechs ihrer Liga kommen sollten“, sagt Fuller. „Wohin die Investitionen bei den Frauen führen können, weiß aber bisher niemand.“ Auch verlangt Lewes FC für den Eintritt bei Frauenspielen immer noch weniger als für die Männerspiele. Grund seien jedoch eher Vorgaben des englischen Fußballverbandes, der einen Mindesteintritt für Männerfußball verlangt. Bei Frauenfußball gebe es eine solche Vorschrift nicht, sagt Fuller.

„Offensichtlichen Diskriminierung“

Die Idee seines Vereins, Frauen und Männern die gleichen Ressourcen bereitzustellen, sei jedoch mit Sicherheit einer der wichtigsten Schritte auf dem Weg zur Gleichstellung von Frauen im Fußball, glaubt Fuller. „Im Grunde ist es erstaunlich, dass bisher gegen keinen Fußballverein wegen der so offensichtlichen Diskriminierung rechtliche Schritte eingeleitet wurden“, so der Vorsitzende.

„Erdbeerwoche“ oder „Besuch von Tante Rosa“: Menstruation ist noch immer ein Tabu. Warum wir endlich offen über sie reden sollten, erklärt die taz.am wochenende vom 29./30. Juli. Außerdem: Hello darkness, my old friend. Zum 50. Jubiläum erhält Mike Nichols' Filmklassiker „Die Reifeprüfung“ ein neues digitales Gewand. Und: Audi, Daimler und Co. Was hat die Autoindustrie in geheimen Arbeitskreisen besprochen? Eine Reportage aus Wolfsburg und Baden-Württemberg. Am Kiosk, eKiosk oder im praktischen Wochenendabo.

Während sich die Frauen des Vereins glücklich schätzen können, sehen manche die Entwicklung auch skeptisch. Nicola Waxler, 33, die einst als Mittelfeldspielerin in der englischen Premier League für Millwall kickte, glaubt nicht, dass sich durch die Initiative von Lewes FC viel verändern wird. „Dafür sind die Zuschauerzahlen immer noch zu niedrig.“

Die finanzielle Unterstützung, die ihr Team damals von Millwall bekommen habe, sei überhaupt nicht vergleichbar mit dem Geld für die Männer gewesen. „Wir mussten, um überhaupt in der Ersten Liga spielen zu dürfen, fast alles aus der eigenen Tasche bezahlen“, erzählt die heutige Sportlehrerin. Hätte man ihr damals ein Gehalt gezahlt, dann hätte sie Fußball als Hauptberuf gewählt.

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