Kommentar G20 und der Wahlkampf: Merkel und der kriminelle Mob

Im Wahlkampf profitiert die Kanzlerin von G20. An den Ergebnissen des Gipfels liegt das nicht. Merkel punktet mit den Krawallen.

Angela Merkel lacht, im Hintergrund das G20-Logo

Wenn es inhaltlich nicht klappt, funktioniert es mit den Krawallen: Angela Merkel Foto: dpa

Wenn Angela Merkel am Ende als Gewinnerin aus diesem Gipfeltreffen der G20 hervorgehen wird, dann liegt es nicht an den inhaltlichen Ergebnissen. Denn die sind insgesamt dürftig – egal wie sehr sich alle Beteiligten gegenseitig dafür loben.

Am ehesten nach einem Erfolg sah zunächst der Beschluss zum Klimaschutz aus: In der Abschlusserklärung bekannten sich 19 der 20 Teilnehmer zum Abkommen von Paris und versprachen – zumindest abstrakt – eine schnelle Umsetzung. Merkels Plan, in dieser Frage einen harten Kurs zu fahren und den US-Präsidenten Donald Trump zu isolieren, schien aufzugehen.

Doch die Tinte unter der Erklärung war noch nicht getrocknet, da bröckelte die vermeintliche Einheitsfront schon wieder. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan, der Merkel derzeit in herzlicher Abneigung verbunden ist, erklärte, dass sein Land das Paris-Abkommen nicht ratifizieren werde.

Die Situation ist zwar eine andere als bei Trump – Erdoğan stellt nicht den Klimawandel als solchen in Frage, sondern will vor allem erreichen, dass die Türkei beim Klimaschutz als Entwicklungsland zählt und entsprechend unterstützt wird. Aber Merkels schöne Botschaft von Trumps Isolation funktioniert nun nicht mehr so richtig, zumal sich Erdoğan in seiner Erklärung ausdrücklich auf die USA bezog.

Sympathiepunkte für Merkel

Ähnliches gilt für den Freihandel: Hier sprach sich zwar die komplette G20 gegen Protektionismus aus. Doch „berechtigte“ Handelsschutzinstrumente werden ausdrücklich anerkannt. Doch was sich dahinter verbirgt, blieb offen. Der Streit ist also nicht gelöst, sondern wird sich künftig darum drehen, was als „berechtigt“ gilt. Und beim ursprünglichen Kernthema der G20, der Finanzmarktregulierung, waren die Erwartungen diesmal so gering, dass sie kaum enttäuscht werden konnten.

An den politischen Beschlüssen wird es also nicht liegen, wenn Merkel wie erhofft im Wahlkampf vom G20-Treffen profitieren wird. Sondern an den massiven Krawallen am Rande des Gipfels. Die haben nicht nur die Bilder vom friedlichen Protest überstrahlt, zu dem sich am Samstag noch einmal Zehntausende versammelten. Sie gaben der Kanzlerin auch eine einfache Möglichkeit, doch noch eine positive Botschaft vom Gipfel zu übermitteln.

Denn mit ihrem Dank an die Polizisten, die in Hamburg wirklich harte Tage erlebt haben, und der Ankündigung, jene Menschen finanziell zu entschädigen, deren Autos angezündet oder Läden geplündert wurden, dürfte Merkel viel Sympathiepunkte gesammelt haben – auch bei jenen, die sowohl den Gipfel als auch den Polizeieinsatz eigentlich kritisch sehen. Dieser „Erfolg“, der die inhaltliche Leere überdeckt, geht allein auf des Konto des unpolitischen, kriminellen Mobs, der auf Hamburgs Straßen wütete.

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