U21-Herrenfußball-EM: Teutonische Nervtöter

Die deutschen Nachwuchskicker wollen vor dem EM-Finale gegen Spanien eins ganz bestimmt nicht: die Rolle des Underdogs annehmen.

Ein Fußballspieler in rotem Trikot

Muss man vor diesem Mann Angst haben? Spaniens Zauberfuß Saúl Ñíguez Foto: ap

KRAKAU taz | „Was ist das denn für eine Frage? So eine Frage beantworte ich nicht.“ Nadiem Amiri ist empört. Gerade saß er noch ganz ruhig und freundlich mit einer Gruppe Journalisten zusammen, doch die letzte Frage der Runde gefiel ihm gar nicht. Die lautete: Hat die deutsche U21 im Finale gegen Spanien (20.15 Uhr, ZDF) eine Chance? Amiri war fassungslos. Glauben die Leute zu Hause denn, die deutsche Junioren stünden umsonst im Finale. „Klar haben wir ’ne Chance! Wir sind doch keine Regionalligatruppe.“

Amiri, der Ballkünstler aus Hoffenheim, sah sich an einem sensiblen Punkt getroffen. Sicher würde er nie bestreiten, dass die Spanier als Favorit in das Spiel gehen. Aber man soll ihm bloß nicht kommen und die Qualitäten der Deutschen geringschätzen. Es geht ja um nicht mehr und nicht weniger als den ersten U21-Titel seit 2009.

Auch Kapitän Maximilian Arnold beschwört die Fähigkeiten seiner Mitspieler. Man müsse sich doch nur das Halbfinale ansehen: Die Art und Weise, wie England im Halbfinale beherrscht wurde, hätte eigentlich in einem deutlichen Sieg resultieren müssen.

„Ich habe mich schon gewundert, dass die auf einmal nach ihrer Führung mit Sechserkette verteidigen“, sagt Maximilian Arnold, der Kapitän. Auch er weiß, dass der Gegner, also Spanien, von einer ganz erlesenen Qualität ist. Unbestreitbar die bisher beste Mannschaft des Wettbewerbs. „Man muss ja nur den Kader sehen, da spielt jeder bei einem Topverein, der Marktwert ist hoch, höher als bei uns, das ist eine Topmannschaft“, findet der Schalker Max Meyer.

Da ist Marco Asensio von Real Madrid, der mit drei Toren gegen Mazedonien ins Turnier startete. 3:1 gewannen die Spanier gegen Italien im Halbfinale, Saúl Ñíguez von Atletico erzielte drei Tore. Seine Schnelligkeit und sein präziser Schuss sorgen dafür, dass die Spanier auch aus dem Mittelfeld jederzeit Torgefahr entwickeln können. Man muss nur die Bayern fragen: Im letzten Jahre traf er im Halbfinale der Champions League gegen die Münchner.

Nie aufgeben

Im Angriff der Spanier spielt der Mittelstürmer Sandro, dem man nicht nachsagen kann, dass er die Ästhetik im Abschluss höher wertet als die Effizienz. Sandro sucht immer den Weg zum Tor, er kann mit enormem Tempo in Lücken stoßen. 22 Jahre ist der Bursche alt, der aussieht wie Ende dreißig, und spielt wie ein abgezockter Endzwanziger mit reichlich Champions-League-Erfahrung. In Malaga hat er eine glänzende Saison gespielt. Er kam vom FC Barcelona, und das auch noch gratis, weil Luis Enrique nichts mit ihm anfangen konnte. ­Anstatt ihn aufzubauen hinter Luis Suarez, ließ man ihn ziehen.

Überhaupt hat sich das Spiel der Spanier stark verändert. 2013, als sie in Israel überragend den Titel der Junioren holten, verkündete Thiago, der im selben Jahr zu den Bayern ging, noch: „Wir haben eine Mission – und die heißt Tiki-Tika.“

Max Meyer

„Wir müssen ­aggressiv sein, sie nicht spielen lassen“

Mittlerweile ist ihr Spiel direkter geworden. Das macht es noch schwerer, diese Mannschaft zu besiegen. Spielmacher Max Meyer beschwört die traditionellen Fußballwerte: „Die Grundtugenden, Mentalität, nie aufgeben. Wir müssen aggressiv sein, sie nicht spielen lassen.“

Noch deutlicher wird Torwart Julian Pollersbeck auf die Frage, wie man Spanien begegnen müsse: „Auf die gute, alte deutsche Art. Wenn die ständig Feuer kriegen, dann haben die irgendwann auch keine Lust mehr, gerade so Schönspieler wie der Asensio.“ Der junge Mann hat ein heiteres Gemüt: „Die kochen auch nur mit Wasser. Ich weiß nicht, ob das Wasser so gut ist wie in Deutschland.“ Zudem sei auch die deutsche Mannschaft erfahren: „Der Maximilian Arnold, der hat mehr Champions-League-Spiele als ich Zweitligaspiele.“

Die Stärke gegen die Virtuosen liege in der Geschlossenheit, sagt Arnold: „Wir haben einen guten Teamgeist, wir haben uns von Spiel zu Spiel mehr zusammengerauft. Dann kam noch etwas dazu, was ich so noch nie erlebt habe: dass die taktischen Dinge auf einmal von ganz allein funktionieren.“ Außerdem, so Arnold, solle niemandem einfallen, die Qualitäten der Deutschen in der Spielkontrolle zu unterschätzen.

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