Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Die christdemokratische Agentur Jung von Matt, die subversive Queen und was die SPD noch von Borussia Dortmund lernen kann.

Eine ältere Frau mit großem blauen Hut und blauem Outfit

Die Queen in europablau Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Mittsommer! Die Tage werden kürzer!

Und was wird besser in dieser?

Sind noch Frikadellen und Preiselbeeren im Kühli.

Die CDU hat ihre Kampagne für die Bundestagswahl vorgestellt. Der dazugehörige Hashtag lautet: #fedidwgugl („Für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“). Schon getwittert?

Ein in dieser Höhe unerwarteter Kantersieg der CDU gegen die Agentur Jung von Matt. Die Hamburger Werber galten bisher als originell bis auch mal provokant und hielten sich von politischen Kunden fern. Nun beweisen sie, dass sie damit recht hatten. Die deutschen Farben als bekokster Mondrian zeigen Reste von Gestaltungswillen; die Slogans sind getextetes Valium. In Summe sieht es aus wie ein schwerer Verkehrsunfall zwischen zwei Hausapotheken. Wenn die Absicht der CDU war, weniger langweilig zu werden – ist das Ergebnis für Jung von Matt, ziemlich CDU geworden zu sein. In den 70ern platzierte die US-Unterwäschefirma „Playtex“ mal eine Leibwäsche am deutschen Markt unter dem suizidalen Namen „Kaum zu glauben (es ist ein stark kontrollierendes Miederhöschen)“, #KzgeieskM. Da ich mich heute noch daran erinnere, ist es wahrscheinlich eine geniale Strategie.

Und die SPD hat ihr Steuerkonzept vorgestellt. Haben Sie’s verstanden?

Nö, dann wäre es ja schlecht. Populäre Reformen wie „Steuern runter“ oder „Alles muss auf einen Bierdeckel passen“ scheitern stets: Entlastet man untere und mittlere Einkommen, nehmen Spitzenverdiener diese Ersparnisse gern mit und lachen am Ende am lautesten. Schulz weicht deshalb in benachbarte Themen aus, streicht unten den Soli und verheißt Einsparungen bei der Sozialversicherung. Dafür hebt er oben den Spitzensteuersatz an. Auweia. Jetzt habe ich es doch begriffen.

Bei ihrer Queen’s Speech vor dem britischen Parlament trug Königin Elizabeth II. einen blau-gelben Hut, der an die Europaflagge erinnerte. Ein subversives Statement?

Vielleicht hatte sie einen in der Krone. Lesbar auch als „Europa könnt ihr euch an den Hut stecken“. Man kann auch ein Bekenntnis zur FDP draus machen oder der monarchische Deckel ist von Ikea. Jedenfalls kam sie zum ersten Mal seit 1974 in Zivil und ohne Pferdekutsche. Was sie vorlas, bestätigte den „harten Brexit“: Einwanderung begrenzen, Zölle erheben und neue Handelsabkommen mit einzelnen Ländern. Warten wir ab, ob Frank-Walter Steinmeier bald im Sex-Pistols-Shirt antwortet.

Uber-Chef Travis Kalanick ist zurückzutreten. Er benötige Zeit, um sich vom Tod seiner Mutter zu erholen. Ist der Skandalkonzern also doch auch nur ein Mensch?

Sogar ein Ubermensch. Oder „brillantes Arschloch“, wie Uber-Verwaltungsrätin Huffington meint. Das Gremium hatte eine Kommission unter Exjustizminister Holder eingesetzt, Missstände zu untersuchen. Jokerfrage: Wie sieht ein Unternehmen aus, das 13 Seiten Änderungsvorschläge umsetzen muss, um nicht mehr anstößig zu sein? Immer wieder schaurig, wenn geldgeile Investoren gegenüber ihren Start-ups zu moralischen Instanzen anschwellen. Gestern empörten sich Wirtschaftsliberale, Uber werde in Deutschland zu Tode reguliert. Heute können sie sich ein Taxi rufen, um schnell vom Unfallort zu flüchten.

Der Bundestag hat ein Überwachungsgesetz verabschiedet: Per Staatstrojaner können Ermittler künftig Software auf Handys und Computer laden, um bei WhatsApp und Co. mitzulesen. Geht’s noch?

Tja, da ist so ne altmodische Hausdurchsuchung langweilig dagegen. Mein Bewegungsprofil, meine sämtlichen Kontakte und obendrein auch noch die von Freunden, deren Mobiltelefon ich mir mal geliehen habe: Da können Polizeibeamte tief in meinen Schmutzwäschekorb tauchen und finden doch nicht Bruchteile von dem, was die digitale Hausdurchsuchung bringt. Paradox: Der Staat nutzt heimlich Sicherheitslücken von Diensten, gegen die er zu kämpfen hätte.

Die ARD hat die umstrittene Antisemitismus-Doku jetzt doch noch gezeigt, begleitet von distanzierender Erklärung und „Maischberger“-Diskussion. Hatten Sie einen guten Fernsehabend?

Wenn alles, was hausintern so als „nicht sendefähig“ bewertet wurde, künftig mit vertiefender Diskussion ausgestrahlt wird: Reizvoll, das wäre eine sinnvolle Anschlussnutzung für obsolete Digitalkanäle. „EINSschrott“? Könnte ein Innovationsschub werden.

Und was machen die Borussen?

Zu Hause in Dortmund alles gewonnen und hinterher doch nur Dritter geworden: Die SPD überlegt noch, was sie vom BVB lernen kann.

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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