Nachruf auf Manuel Antonio Noriega: Der auf allen Klavieren spielte

Der Mann, der einst trotzig den USA die Stirn bot, starb in einem demütigenden Hausarrest in seinem Heimatland Panama.

Noriega hebt beide Arme und lacht

Noriega bestimmte lange die Geschicke Panamas Foto: ap

Manuel Antonio Noriega war einst ein enger Vertauter des nationalistischen Diktators Omar Torrijos, der den USA 1977 den Panama-Kanal abtrotzte. Dank erfolgreichen Intrigenspiels übernahm der langjährige Verbindungsmann der CIA drei Jahre nach dem Tod des populären Generals die Führung der Nationalgarde und damit de facto die Herrschaft im Lande. 1984 verhinderte er einen Wahlsieg des 83jährigen Rechtspopulisten Arnulfo Arias durch offene Schiebung und setzte seinen Kandidaten, den willfährigen Ökonomen Nicolás Ardito Barletta in den Präsidentenpalast.

Jahrelang versuchte Noriega auf allen Klavieren zu spielen: Er stand im Sold der CIA mit dem Auftrag, Drogenbosse im Lande auffliegen zu lassen, naschte aber selbst kräftig am Kokaingeschäft. Er bediente die nationalistischen Kräfte in der Armee mit einem rabiat antiimperialistischen Diskurs und die Armen mit sozialistischen Parolen, sorgte aber gleichzeitig dafür, dass der Bankenplatz Panama gut im Geschäft blieb.

Als die panamaische Mittel- und Oberschicht 1986 begann, gegen die Willkür des Generals zu demonstrieren, zeigten die USA noch wenig Interesse an einem Regimewechsel. Die Nationalgarde machte großzügigen Gebrauch von Tränengas und Knüppeln. Doch bei seinem Spagat zwischen Drogenhandel und Drogenbekämpfung rutschte Noriega zunehmend auf die Seite der Händler. Einen Abgang unter Wahrung des Gesichts, den die USA ihrem vedienten Mitarbeiter ermöglichen wollten, lehnte er ab.

So wurden 1988 in Florida Prozesse wegen Drogenhandels und Geldwäsche gegen ihn eröffnet. Einen Putschversuch und erfolglose Geheimverhandlungen später brütete man in Washington einen Umsturzversuch aus, der auch die Ermordung Noriegas in Betracht zog. Der Geheimdienstausschuss im US-Senat blockierte das Vorhaben aber. Im Mai gewann Oppositionskandidat Guillermo Endara die Präsidentschaftswahlen. Noriega annullierte das Wahlergebnis, die USA zogen ihren Botschafter ab und schickten zusätzliche 2000 Soldaten in die Kanalzone.

Invasoren wurden enthusiastisch begrüßt

Als weder Wirtschaftssanktionen noch ein Vermittlungsversuch der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) Noriega in die Knie zwingen konnten und sich der General im Dezember zum Staatschef mit unbegrenzten Vollmachten ernennen ließ, kamen die USA immer mehr unter Zugzwang.

Am 20. Dezember 1989 beendete eine militärische Intervention mit 26.000 Mann – die größte Militäroperation seit dem Vietnamkrieg – das Kräftemessen. Obwohl die Operation nach unabhängigen Schätzungen zwischen 4000 und 7000 Menschenleben kostete (das Südkommando der US-Streitkräfte meldete den Tod von 314 panamaische Soldaten und 202 Zivilisten) wurden die Invasoren in den meisten Landesteilen enthusiastisch begrüßt. Außer in einigen Kasernen gab es kaum Widerstand. Der gewählte Präsident Guillermo Endara wurde in der Kanalzone als neuer Staatschef vereidigt. General Noriega flüchtete in die apostolische Nuntiatur.

Es folgte ein mehrtägiges diplomatisches Tauziehen. Am 3. Januar 1990 beendete der Nuntius die Belagerung und lieferte den gestürzten Diktator aus. 1992 verurteilte ihn ein Gericht in den USA wegen Drogenhandels, Schutzgelderpressung und Verschwörung zu einer Haftstrafe, von der er 20 Jahre absaß.

2010 wurde er an Frankreich ausgeliefert, wo eine weitere Verurteilung zu sieben Jahren folgte. Aber schon 2011 gaben die Franzosen dem Ansuchen der Republik Panama statt und lieferten den prominenten Häftling aus. Seither saß er in der Haftanstalt El Renacer direkt am Panama-Kanal. Im Januar wurde er wegen eines akuten Hirntumors in den Hausarrest entlassen.

Panamas amtierender Präsident Juan Carlos Varela twitterte, der Tod Noriegas schließe ein Kapitel der panamaischen Geschichte: „seine Töchter und seine Angehörigen verdienen eine Bestattung in Frieden“.

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