Neue Vorwürfe wegen Steuerbetrug: Juncker im Zwielicht

Nach der LuxLeaks-Steueraffäre gerät der EU- Kommissionschef auch im Panama-Skandal zunehmend unter Druck. Er bestreitet die Vorwürfe.

Porträt von Jean-Claude Juncker, unter dem Kinn abgeschnitten.

Schöne Kulisse für Tricksereien: die Altstadt von Luxemburg Foto: imago/BE&W

BRÜSSEL taz | Erst blockieren, dann abkassieren: Nach diesem Motto soll Luxemburg jahrelang den Kampf gegen Steuerflucht in der EU hintertrieben haben. Allein dem deutschen Fiskus seien so mindestens 200 Millionen Euro entgangen, klagen die Grünen im Europaparlament an.

Doch Jean-Claude Juncker, der für die Steuertricks verantwortlich sein soll, weist die Vorwürfe zurück. Bei einer Anhörung im EU-Parlament in Brüssel spielte der frühere Premierminister Luxemburgs, der seit 2014 die EU-Kommission leitet, seine Rolle herunter. Er habe in Luxemburg „kein System der Steuerhinterziehung, der Steuerhintertreibung oder der Steuervermeidung zulasten anderer europäischer Staaten erfunden“, hatte Juncker schon nach dem LuxLeaks-Skandal erklärt.

Ähnlich argumentierte er auch nun vor dem Panama-Ausschuss, der die Steuerflucht in nichteuropäische Steuerparadiese untersucht. Er glaube nicht, dass es im politischen Bereich Verantwortlichkeiten zu suchen gebe, sagte Juncker am Dienstagnachmittag in Brüssel. „Wir wissen vieles nicht.“

Allerdings sind in der Zwischenzeit neue Fakten ans Licht gekommen. Vor allem eine Studie der Grünen setzt Juncker unter Druck. „Mister Clean“ sei „nicht immer an vorderster Front der Kämpfer gegen Steuerflucht und Steuervermeidung gewesen“, heißt es in dem Bericht, den der Finanzexperte Sven Giegold erstellt hat. Sie beruht auf Daten der Bank of International Settlements und rückt Juncker ins Zwielicht.

Deutschland sollen Steuereinnahmen in Höhe von 200 Millionen entgangen sein

Ab 2003 habe Luxemburg „mit der Umgehung europäischer Regeln Geschäfte gemacht“, so Giegold. „Sparguthaben von Privatpersonen wurden in Steueroasenfirmen und Lebensversicherungen umgeschichtet.“ Hintergrund ist die europäische Zinsbesteuerungs-Richtlinie. Sie war 2005 in Kraft getreten und sollte Steuerflucht verhindern. Luxemburg erwirkte – unter Junckers Regierung – eine Ausnahme.

Die Grünen-Studie verweist nun darauf, dass während der Verhandlung der Richtlinie in Luxemburg die Gründung von Offshore-Firmen über die berüchtigte panamaische Kanzlei Mossack Fonseca sprunghaft anstieg – bis auf die Zahl von fast 1.300 allein im Jahr 2005. In eine ähnliche Richtung weisen bisher geheim gehaltene Unterlagen des Internal Revenue Service, einer US-Bundesbehörde. Demnach hat sich Juncker 2003 mit vier hochrangigen Amazon-Vertretern aus dem Bereich Steuern getroffen, um die Ansiedlung des Internetriesen in Luxemburg zu besprechen.

Juncker habe sich „als Architekt und Pate eines der größten europäischen Steuerkartelle“ erwiesen, fasst der linke Europaabgeordnete Fabio De Masi die Papiere zusammen.

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