Postenrotation in der SPD: Die große Lösung

Hubertus Heil wird SPD-Generalsekretär, Katharina Barley Familienministerin. Manuela Schwesig wechselt als Ministerpräsidentin nach Schwerin.

Martin Schulz und Katharina Barley werden beklatscht

Wollen Familiengeld und Familienarbeitszeit glaubhaft vertreten: Martin Schulz und Katharina Barley Foto: dpa

BERLIN taz | Die SPD vollzieht vier Monate vor der Wahl eine Personalrocha­de, die einer Operation am Nerv des Wahlkampfzentrums gleich­kommt. Der Schweriner Ministerpräsident Erwin Sellering muss wegen einer Krebserkrankung sein Amt aufgeben. Ihm folgt Familienministerin Manuela Schwesig nach, die auch SPD-Chefin in Mecklenburg-Vorpommern wird. Schwesigs Job in Berlin wiederum übernimmt Katarina Barley, bisher Generalsekretärin der SPD.

Das ist eine große Lösung. Für das Ende der Legislaturperiode im Bundestag wäre es auch denkbar gewesen, eine neue Familienministerin nach dem Modell von Sigmar Gabriel zu installieren. Als der im Januar seinen Posten als Wirtschaftsminister im Januar aufgab, folgte ihm die Staatssekretärin im Ministerium Brigitte Zypries nach.

Eine Übergangslösung – denn Zypries wird nicht mehr für den Bundestag kandidieren. Das hatte eine gewisse Logik: Angesichts der nahen Bundestagswahl im September ist es in der Tat unmöglich, als Ministerin noch eigene Akzente zu setzen.

Barleys Aufgabenbeschreibung lautet wohl anders: Die SPD braucht im Wahlkampf dringend jemand im Familienministerium, die Erfolge verkaufen kann – und neue Ziele. Gerade weil der Gerechtigkeitswahlkampf von Martin Schulz nach rasantem Beginn ins Stocken geriet, benötigt die SPD jemand, die Themen wie Familiengeld und Familienarbeitszeit glaubhaft vertreten kann. Beides soll Paaren die Vereinbarkeit von Job und Familien erleichtern, mithin der Kernzielgruppe der SPD, der arbeitenden Mitte.

Holperige Wahlkampfdramaturgie

Schwesig galt als Aktivposten im Kabinett – die SPD hofft, dass sie bei der Familienpolitik die Chance hat, zum einen auf Erfolge zu verweisen, zum anderen weitergehende Ideen zu präsentieren, die am Widerstand der Union scheiterten. Diesen Job traut man in der SPD-Spitze Barley zu, die in den letzten Monaten an Bekanntheit und Sicherheit im öffentlichen Auftreten gewonnen hat. Barley wiederum darf sich als Ministerin vage Hoffnungen auf einen möglichen Posten im Kabinett nach dem Herbst 2017 machen.

Barleys Bilanz als Generalsekretärin gilt als gemischt. Abgesehen von einem desaströs gescheiterten Versuch, in einem Deutschlandfunk-Interview im Februar Martin Schulz gegen Vorwürfe der Günstlingswirtschaft in Schutz zu nehmen, wirkt sie offen, klug, kommunikativ und zugewandt – Attribute, die nicht für die Parteizentrale in toto gelten.

Die SPD braucht im Wahlkampf dringend jemand im Familienministerium, die Erfolge verkaufen kann – und neue Ziele.

Allerdings trägt Barley auch Mitverantwortung für die holperige Wahlkampfdramaturgie. Sie verteidigte stets den recht konfusen Terminplan der Bundes-SPD, der sich ganz und gar nach den Wünschen von Hannelore Kraft in Nordrhein-Westfalen richtete und dazu führte, dass Schulz als öffentlich wahrnehmbare Figur für Wochen von der Bühne verschwand.

Heils Niederlagen

Neuer Generalsekretär der SPD wird ein alter Bekannter im Willy-Brandt-Haus: Hubertus Heil. Der hatte diesen Job als damals 33-Jähriger schon von 2005 an inne. Im Gespräch für diesen Posten war offenbar auch Achim Post, Chef der NRW-Landesgruppe der SPD Abgeordneten im Bundestag. Post kennt Schulz seit 1994 und ist dessen Vertrauter. Post wäre als Signal dafür verstanden worden, dass Schulz das Willy-Brandt-Haus entschlossen personell auf sich zuschneidet.

Nun bleibt Markus Engels, sein langjähriger Büroleiter, faktisch der Einzige aus seiner Entourage in der Parteizentrale. Gegen Post mag gesprochen haben, dass der erst seit 2013 im Bundestag sitzt und wie Schulz Erfahrung vor allem im EU-Parlament sammelte.

Heil ist nun eine Schlüsselfigur in dem nach drei Niederlagen bei Landtagswahlen mehr als komplizierten Wahlkampf. Mit Niederlagen hat der Niedersache Erfahrungen. Seine erste Karriere als Generalsekretär endete 2009 in einem historischen Debakel – dem zweitschlechtesten Ergebnis der SPD bei nationalen Wahlen seit 1890.

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