Ausstellung im Botanischen Museum: Megadiversität mit Geschmack

Mit einer gustatorischen Ausstellung über Chili, Schokolade und Kakteen zelebriert das Botanische Museum Berlin die Artenvielfalt von Mexiko.

Karg und stachlig: Halbwüste mit Yuccas im mexikanischen Bundesstaat Quintana Roo Foto: Helga Ochoterena

Mit Gaumenschmeichelei lockt das Botanische Museum in Steglitz zu seiner neuen Ausstellung „Chili und Schokolade“ – und zur dazugehörigen mexikanischen Artenschau. Ein ganzer Raum ist den beiden titelgebenden Lebensmitteln Chili und Schokolade gewidmet, die in ihrer gesamten Bandbreite von scharf bis mild (Chili) und süß bis bitter (Schokolade) ausgebreitet werden – kleine Kostprobe inklusive. In zwei weiteren Räumen geht es um natürlich hergestellte Farben und um die Vielfalt der mexikanischen Wälder.

Mexiko ist eines der artenreichsten Länder der Welt, 30.000 Pflanzenarten gibt es hier, auch die Hälfte aller bekannten Kakteenarten. Dass das mittelamerikanische Land im Fokus des Interesses steht, hat aber auch mit dem „dualen Jahr“ Mexiko-Deutschland zu tun. Das wurde im April 2016 eröffnet und hat innerhalb der letzten zwölf Monate die Zusammenarbeit beider Länder auf wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und kultureller Ebene vertieft. Die Ausstellung im Botanischen Museum markiert das Ende des dualen Jahres, trägt aber dessen Geist weiter: weg von den Klischees, hin zu den interessanten Eigenheiten.

Geschmack als Lockmittel

Zugegeben: Chili und Schokolade, das sind auch Mexiko-Klischees. Nur eignen sie sich hervorragend als Lockmittel in die ehrwürdigen Räume des Botanischen Museums. „Wir wollen uns der Megadiversität über Geschmack nähern“, verspricht die Kuratorin Kathrin Grotz im Gespräch mit der taz. Chili und Schokolade werden ausführlich in Schaukästen erklärt: Kakao kommt eigentlich aus dem Amazonasraum, wurde aber in Mittelamerika kultiviert.

In Gefäßen aus dem 11. Jahrhundert wurden in Honduras Anhaftungen von Theobromin gefunden, das ist die koffeinähnliche Substanz, die in Kakao enthalten ist. Die Azteken und Olmeken brauten später aus Kakaobohnen einen herben Gewürztrank, den sie mit Maismehl aufschäumten – ungesüßt! Sie nutzten das Gebräu als Stimmungsaufheller, Aphrodisiakum und Aufputschmittel und nannten es xocólatl – daher der heutige Name „Schokolade“.

Die Azteken nutzten einen herben Kakaotrank als ­Stimmungsaufheller

Und Chili? „In Mexiko ist die Chili-Vielfalt am größten“, sagt Kathrin Grotz, das Land ist weltweit zweitgrößter Chili-Produzent nach China. Wie Kakao kommt Chili aus Südamerika, bei Ausgrabungen in einem Tal bei der mexikanischen Stadt Tehuacán konnten Belege gefunden werden, dass Paprika bereits um 7.000 v. Chr. als Nutzpflanze diente.

Charakteristisch ist von jeher die Schärfe von Chili, dafür verantwortlich ist Capsaicin, das in unterschiedlicher Intensität in verschiedenen Arten vorhanden ist. Die ab etwa 1950 in Ungarn gezüchteten Gemüsepaprika enthalten dagegen fast kein Capsaicin, Peperoni oder scharfe ungarische Paprika bis 0,01 Prozent, sehr scharfe Sorten (Tepin, Habanero) maximal 0,85 Prozent.

„Chili & Schokolade. Der Geschmack Mexikos“: Botanisches Museum, Königin-Luise-Str. 6–8. Bis 25. 2. 2018 tgl. geöffnet von 10 Uhr bis 18 Uhr

Schärfeprobe aus dem Automaten

Wie scharf ist das? Die Scoville-Skala hilft, und zum Vergleich können sich Besucher_innen mit einem extra ausgegebenen Chip eine Schärfeprobe aus einem umgebauten Kaugummiautomaten ziehen – allerdings nicht von Chili, sondern von ähnlich scharfen Pflanzen wie Meerrettich oder Ingwer. Wer will, kann sich für Chili und Schokolade auch Rezepte mitnehmen und zu Hause ausprobieren, Krönung ist Mole Poblano: eine dickflüssige Soße aus Chili und Schokolade, die sehr komplex zuzubereiten ist und zu Hähnchen oder Pute gereicht wird. Dazu braucht man verschiedene Chilisorten, Zimt, Knoblauch und gut ein dutzend weiterer Zutaten.

Wer durch diese Appetizer angelockt wurde, kann noch viel mehr über die Flora von Mexiko erfahren. Zunächst über die Farben, die aus mexikanischen Pflanzen gewonnen werden. Von einer Exkursion hat Ausstellungsmacherin Grotz einen Teppich aus einer Kooperative in Oaxaca im südlichen Mexiko mitgebracht, dessen Grundfarben aus natürlichen Quellen stammen: blau vom Indigo, Rottöne vom Weihnachtsstern und den Cochenille-Läusen auf dem Feigenkaktus, Gelbtöne aus der Studentenblume und der Zinnie. Auch hier gibt es interaktive Ausstellungselemente: „Es wird einen Teppich zum Ausmalen geben“, sagt Kathrin Grotz.

Im dritten Raum geht es um die Vielfalt der mexikanischen Wälder – und der Bohnen. Fünf Lebensräume werden vorgestellt, dazu fünf der über 50 Bohnenarten Mexikos: Kiefernwälder/Feuerbohne, Wüste/Tepary-Bohne, tropische Trockenwälder/Gartenbohne, Nebelwälder/Phaesolus ­dumosus, tropische Regenwälder/Limabohne. Zur Einstimmung gibt es einen Film, der zum Besuch der verschiedenen Regionen einlädt, auf kleinen Tischen liegen zudem Töpfe mit Bohnen zum Anschauen aus, und auch hier kann man sich Rezepte mitnehmen.

Wer noch mehr über die Vegetation von Wüste oder tropischen Wäldern erfahren will und die Natur in ihrer lebendigen Form bestaunen möchte, kann dann das Botanische Museum verlassen – und weiter in den Botanischen Garten gehen. Bis zu den Gewächshäusern mit vielen der in der Ausstellung beschriebenen Pflanzen sind es nur fünf Minuten zu Fuß.

Dieser Text erscheint im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg immer Donnerstags in der Printausgabe der taz

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