Delmenhorst straft unbeteiligte Mieter: Im Wollepark fließt das Wasser wieder

Die Stadtwerke Delmenhorst tragen Konflikt mit dem Vermieter auf dem Rücken der Mieter aus. Auch wenn die Mieter nun wieder Wasser haben: Das Problem bleibt

Umsonst und draußen: Die Stadt Delmenhorst liefert den BewohnerInnen der Wolleparks Wasser auf Umwegen Foto: Carmen Jaspersen/dpa

Nach zwei Tagen soll die Wassersperre für die offiziell rund 350 Bewohner der zwei Delmenhorster Wohnblöcke „Am Wollepark“ durch die Stadtwerke heute wieder aufgehoben werden. Das hat das Oldenburger Landgericht aufgrund einer Klage der Huchtinger Immobilien Verwaltung am Mittwoch verfügt, sagte ein Gerichtssprecher. Die Stadtwerke hätten die 14-Tages-Frist vor der Wassersperre nicht eingehalten, so die Begründung.

Die Stadtwerke teilten dagegen mit, die Eigentümergemeinschaft habe dem Gericht glaubhaft gemacht, die Außenstände über eine Sondereinlage ausgleichen zu wollen. Gleichzeitig wollen die Stadtwerke aber an der angedrohten Gassperre für die Bewohner festhalten, wenn bis zum Ende des Monats für die ausstehenden Gasrechnungen „kein Geldeingang zu verzeichnen ist“. Insgesamt sprechen die Stadtwerke über Außenstände von 185.000 Euro für Gas und Wasser. Gerichtliche Schritte, ihre Wasser- und Gasrechnungen einzutreiben, hat es in den vergangenen zwei Jahren nicht gegeben – auch, weil immer wieder mal etwas gezahlt wurde, zuletzt im August 2016.

Ob und wie die Stadtwerke in den vergangenen Jahren versucht haben, ihre Wasser- und Gasrechnungen einzutreiben, konnte die zuständige Pressesprecherin am Mittwoch allerdings nicht erklären.

Verwalter für die rund 70 Eigentümer der beiden Wohnblocks sind die Huchtinger Immobilien, die ihren Firmensitz in einem Goldwaren-An- und Verkaufsladen an der Kirchhuchtinger Landstraße 115 in Bremen haben. Goldhändler Ahmet Erdem, der auch einen Gemüseladen betreibt, erklärte der taz, die Sache liege beim Anwalt, und er gebe keine Auskünfte.

Mieter des Wolleparks behaupten aber, dass regelmäßig Männer kämen, die die Miete inklusive der Mietnebenkosten in bar kassierten. Und der Delmenhorster Oberbürgermeister Axel Jahnz (SPD) hatte kürzlich von „kriminellen Vermietern“ gesprochen. Der Pressesprecher der Stadt konnte am Mittwoch nicht sagen, wer da gemeint war.

Die Sperrung der Wasserhähne am Dienstag war ein Schritt, der die Ratlosigkeit der Stadtväter dokumentiert. Vor zwei Jahren hatte die Stadt Delmenhorst dasselbe Problem mit denselben Wohnblocks und demselben Verwalter – damals ging es um 85.000 Euro Außenstände. Die Stadt überwies ihren Stadtwerken damals die ausstehende Summe und versucht seitdem, das Geld bei dem Verwalter einzutreiben, bisher aber ohne Erfolg. Der wiederum kassiert offenbar weiter Monat für Monat von den Mietern, die zum überwiegenden Teil vom Balkan und aus den arabischen Fluchtgebieten kommen, gutes Geld für Miete und Nebenkosten – bezahlt aber die Stadtwerke-Rechnung nicht.

Nach zwei Jahren ist die Geduld der Stadtwerke nun offenbar am Ende. Stadtwerke und Stadt nehmen aber die Mieter geradezu als Geiseln in ihrem Streit mit dem Verwalter und setzen darauf, dass die unhaltbare Lage die Mieter veranlasst, auszuziehen. Die Stadt Delmenhorst würde die Immobilien, die sich zu einem sozialen Brennpunkt entwickelt haben, gern kaufen und sanieren oder abreißen. Sollten die Stadtwerke in zwei Wochen den Gashahn abdrehen, wäre das ein juristisches Argument dafür, ein Verfahren der Zwangsversteigerung in Gang zu setzen. Aber auch das würde dauern.

Klar ist, dass die Wohnblocks, wenn sie weitgehend unbewohnt wären, der Stadt sehr preiswert in den Schoß fielen. Für die Polizei ergibt sich allerdings das Problem, dass die Zahl der Bewohner offenbar deutlich höher ist als die offizielle Zahl von 350 betroffenen Mietern. Vor wenigen Wochen hat es eine groß angelegte Razzia mit mehreren Verhaftungen in den Blocks gegeben.

Da die Bewohner der beiden Wollepark-Häuser, die Ende der 1960er-Jahre als Sozialwohnungen gebaut wurden, zum überwiegenden Teil Bezieher sozialer Transfer-Gelder sind, kommen die Gas- und Wasser-Nebenkosten, die der Verwalter nicht an die Stadtwerke weiterleitet, letztlich vom Jobcenter oder direkt von der Stadt für die Bewohner, die dem Arbeitsmarkt nicht theoretisch zur Verfügung stehen.

Die Stadtwerke haben während der Wassersperre das Wasser an den Zapfstellen kostenlos zur Verfügung gestellt und auch teure Dixi-Klos aufgestellt – ihnen geht es offenbar darum, den Konflikt zu eskalieren, für den sie seit zwei Jahren keine andere legale Lösung gefunden haben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.