Dorf soll Tagebau weichen: Rebellieren durch Reparieren

Im sächsischen Pödelwitz sanieren Greenpeace-AktivistInnen Häuser, um das Dorf vor der Abbaggerung zu schützen.

AktivistInnen stehen mit Transparenten auf einer abgebaggerten Ebene

Wenn Pödelwitz weicht, sieht es bald über all so kahl aus. AktivistInnen demonstrieren dagegen Foto: dpa

Dass Klima-AktivistInnen für gelungene Aktionen schon mal Sachschäden in Kauf nehmen, ist bekannt. Dass sie dagegen Dinge reparieren, kommt eher selten vor. So geschehen gerade im Dorf Pödelwitz im Landkreis Leipzig: Dort rückten am Montag mehr als 30 AktivistInnen von Greenpeace an und hievten per Kran Zementmischer und Beton in den Hof eines denkmalgeschützten Fachwerkhauses. Mit Hilfe eines Spezialisten sollten drei Häuser saniert werden. „Wir wollten Löcher in den Wänden schließen, um die Gebäude vor der Witterung zu schützen“, sagt Karsten Smid von Greenpeace.

Denn das 700 Jahre alte Bauerndorf Pödelwitz geht nach und nach kaputt: Der tschechische Energiekonzern EPH und seine Tochtergesellschaft Mibrag wollen an die darunter liegende Braunkohle. Pödelwitz liegt genau zwischen zwei Tagebauhalden – und für die Pläne der Mibrag, zwei Tagebaufelder zusammenzuführen, muss das Dorf weg.

Deshalb hat die Mibrag die meisten Grundstücke des Dorfes gekauft und die Mehrheit der BewohnerInnen dazu gebracht, umzuziehen. „Und nun versuchen sie, Tatsachen zu schaffen und die Häuser verfallen zu lassen“, sagt Smid. Die herbeigerufene Polizei, sagt Smid, habe sich gewundert, in einem so friedlichen Setting gelandet zu sein. Nichtsdestotrotz: Nachdem die Löcher in der Substanz zweier Häuser erfolgreich geschlossen wurden und die AktivistInnen am Montagabend vorerst abrückten, stellte die ­Mibrag Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs.

Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs

Auch anderswo stehen juristische Auseinandersetzungen an: Bei Klima-AktivistInnen, die 2015 den Braunkohletagebau Garzweiler im Rheinland besetzt hatten, sind mehrere Unterlassungsklagen eingegangen. Rund 120 von ihnen waren aufgefordert worden, künftig jeden Protest auf dem Betriebsgelände der RWE zu unterlassen, die meisten hatten sich geweigert.

„Nun will der Konzern diese Unterschrift in einem ­Zivilrechtsprozess einklagen“, heißt es in einer Pressemitteilung von Ende Gelände. Die Kosten pro Verfahren können sich auf mehrere tausend Euro belaufen. „Uns scheint, RWE dreht nun voll auf, um uns vor den Aktionen 2017 abzuschrecken“, so Ende Gelände.

Das dürfte nicht funktionieren: Dieses Jahr plant das Bündnis gleich zwei Aktionen im Rheinland – eine erste Massenblockade mit Camps Ende August und eine zweite während der UN-Klimakonferenz im November in Bonn.

Karsten Smid, Greenpeace

„Die Mibrag will die Häuser verfallen lassen“

Was allerdings Einfluss auf die Aktionen haben dürfte, sind nicht die Drohgebärden von RWE, sondern die Proteste gegen den G-20-Gipfel im Juli in Hamburg. Auch dort sind Aktionen aus der Klimabewegung geplant, unter anderem Besetzungen im Hafen. Und je nach Verlauf der Proteste dürfte auch Ende Gelände entweder vom Schwung aus Hamburg profitieren – oder Schwierigkeiten bekommen, AktivistInnen für die Besetzung der Tagebaue zu mobilisieren.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.