Weitere Kürzungen in Griechenland: Riesige Löcher in der Rentenkasse

Die Eurogruppe und der IWF wissen bereits, wo gekürzt werden soll. Athen ist nur beim Kampf gegen Steuerhinterziehung gleicher Meinung.

Eine Frau mit Kopfhörern im Ohr sitzt an einem Yachthafen in der Sonne

Immerhin: Griechenlands Tourismus zieht Kaufkraft aus dem Ausland an, wie hier am Yachthafen in Athen Foto: dpa

BERLIN taz | Griechenland muss weitere Kürzungen akzeptieren. So wurde es auf dem Treffen der Eurofinanzminister vereinbart. Aber um welche Maßnahmen handelt es sich konkret? Da blieb Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem vage. Genannt wurden nur drei Themen: Renten, Arbeitsmarkt und Einkommensteuer.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) drängt schon lange darauf, dass die Griechen ihre Renten noch weiter kürzen. Sie seien „untragbar großzügig“, mahnte IWF-Chefunterhändler Poul Thomsen bereits vor einem Jahr. Er machte damals folgende Rechnung auf: „Die nominalen Standardrenten in Griechenland und Deutschland sind etwa gleich hoch, obwohl Deutschland – gemessen an den Arbeitseinkommen – doppelt so reich ist wie Griechenland.“

Hinzu käme die grassierende Schwarzarbeit in Griechenland, so dass Sozialbeiträge fehlten. Also würden riesige Löcher in der griechischen Rentenkasse klaffen. „In Griechenland machen die staatlichen Subventionen für die Renten 10 Prozent der Wirtschaftsleistung aus“, erregte sich Thomsen. „Der europäische Durchschnitt beträgt 2,5 Prozent.“

Nach dieser Logik müssten die Griechen noch einmal etwa 15 Milliarden Euro bei den Renten kürzen. Allerdings weiß auch Thomsen, dass in Griechenland nicht nur die Alten von den Renten leben, sondern ganze Großfamilien. Denn Sozialhilfe gibt es nicht, und die Arbeitslosenversicherung zahlt auch nur für ein Jahr. Der IWF verfolgt daher eine kompromisslose Kompromissstrategie: Die Griechen müssen bei den Renten kürzen – aber wie viel, darüber lässt sich verhandeln.

Einigkeit nur bei Steuerhinterziehung

Der „Arbeitsmarkt“ ist auf den ersten Blick gar kein Thema mehr: Die griechischen Löhne sind in der Privatwirtschaft längst um bis zu 60 Prozent gefallen; im öffentlichen Dienst haben sie sich halbiert. Griechenland wäre also international wieder wettbewerbsfähig, wenn es nicht ein Strukturproblem gäbe: Die neuen Kostenvorteile nutzen wenig, weil leistungsstarke Exportindustrien fehlen. Nur der Tourismus blüht und zieht Kaufkraft aus dem Ausland an.

Wenn die Europäer dennoch das Thema „Arbeitsmarkt“ auf die Agenda setzen, verfolgen sie eigentlich ein anderes Ziel: Sie wollen die Gewerkschaften in den öffentlichen Betrieben schwächen. Vor allem die Elektrizitätsversorgung ist noch immer in staatlicher Hand, weil sich die Angestellten erfolgreich gegen die totale Privatisierung wehren konnten.

Bleibt schließlich das Thema Einkommensteuern. Momentan beträgt das steuerfreie Existenzminimum in Griechenland noch 8.636 Euro und liegt damit ähnlich hoch wie in Deutschland. Da aber viele Griechen fast nichts mehr verdienen, zahlt weit weniger als die Hälfte noch Einkommensteuer. Die Europäer fordern daher, dass die Griechen ihr steuerfreies Existenzminimum auf etwa 6.000 Euro absenken.

Einigkeit gibt es zwischen Europäern und Griechen nur bei einem Thema: Die Steuerhinterziehung muss bekämpft werden. Die griechische Regierung kann auch schon Fahndungserfolge vorweisen. Allein im Jahr 2015 hat die griechische Finanzpolizei bei 24.273 Kontrollen 10.469 Verstöße ermittelt. Allerdings fließt deswegen noch längst kein Geld, denn es fehlen mindestens 3.000 Steuerfahnder, um die Verdachtsfälle aufzuarbeiten. Derzeit sind mehr als 170.000 nicht abgeschlossene Fälle anhängig.

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