Beziehung zwischen Russland und USA: Kalter Trump-Entzug

Der US-Präsident ist aus den russischen News fast ganz verschwunden. Die TV-Sender sollen eine entsprechende Anweisung des Kreml erhalten haben.

Wladimir Putin und Donald Trump als Babuschkas

Skepsis macht sich breit: Wladimir Putin und Donald Trump Foto: ap

MOSKAU taz | Es war schon eine Zumutung. Moskaus Chefpropagandist Dimitrij Kiseljow tat so, als gäbe es ihn nicht mehr. Den US-Präsidenten Donald Trump, der seit Monaten die Vorstellungswelten russischer Hagiografen, Hohepriester und Odendichter beflügelt hatte. Im Wochenmagazin „Vesti nedelii“ (Nachrichten der Woche) am Sonntagabend tauchte der US-Präsident nicht mehr auf.

Selbst für geduldige Zuschauer war dieser Entzug zu viel. Zwei Stunden warteten sie auf neue Eskapaden des Milliardärs. Auch die geschmeidige Einverleibung Trump’scher Wertewelten in den russisch konservativen Fundus blieb aus.

Stattdessen ereiferte sich Kiseljow über eine Protestaktion der Nationalen Befreiungsbewegung (NOD). Dahinter verbirgt sich eine ultranationalistische Truppe unter Führung des Duma-Abgeordneten Jewgenij Fjodorow von der Kreml-Partei Einiges Russland. Ihre Mitwirkenden demonstrierten vor dem Mediensitz von „Rossija segodna“ gegen „Trumpomanie in den russischen Medien“. Auf Plakaten beschimpften sie Direktor Kiseljow als „Trumpomanen“ und riefen ihm ins Gedächtnis zurück: „Putin ist unser Präsident!“

Natürlich würde Putins Chefideologe weder daran zweifeln noch einen anderen Gedanken zulassen. Beobachter halten auch diese Anti-Trump-Aktion für eine kremlnahe Inszenierung. Dass sich der leitende Propagandist in der eigenen Sendung zur Wehr setzt, stimmt einige Beobachter nachdenklich.

Voll auf die Bremse

Kiseljow vollzog eine Vollbremsung. Letzte Woche hätten alle großen TV-Anstalten die Anweisung erhalten „Keinen Trump mehr“, meinte der russische Publizist Konstantin von Eggert vom unabhängigen Internetkanal Doschd. Dem war die US-Forderung vorausgegangen, die Krim zurückzugeben und sich in der Ukraine andas Minsker Abkommen zu halten.

Noch bleibt Trump von Kritik verschont. Wenn es sich vermeiden lässt, wird er nicht erwähnt. Das Politmagazin „Ergebnisse der Woche“ im Kanal NTW gab am Montag eine Kostprobe, wie die Rückkehr zur Nüchternheit aussehen könnte. „Trump fängt an, auf alte Positionen zurückzufallen, und kriecht in die Rhetorik des Obama-Kabinetts.“ Von nun an werde man realistisch sein, gelobte die Moderatorin Irada Seinalowa. „Der politische Sex“ sei zu Ende, sagte ein Experte vom russischen Institut Dialog der Zivilisationen in Berlin.

Anfang Februar hatte Donald Trump Wladimir Putin noch mit 202.000 Nennungen in russischen Medien auf Platz zwei verwiesen. Nur 147.700 Mal wurde der Kremlchef im Januar erwähnt. Noch nie hatte jemand den „Lider“ ausgestochen.

Eine Erhebung von neun großen Fernsehkanälen an drei aufeinander folgenden Sonntagen, an denen umfassende Politikmagazine ausgestrahlt werden, ergab: zwischen dem 5. und19. Februar sanken die Nennungen Donald Trumps auf ein Viertel der Ausgangswerte.

Fest steht: Skepsis macht sich in den Medien breit und die Vorahnung, das Verhältnis zum Amerika Trumps könnte schwieriger als erwartet werden.

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