Kommentar Personalpolitik der SPD: Mutlose Bratwurst-Logik

Die junge SPD-Linke Johanna Uekermann darf nicht in den Bundestag. Diese beamtenhafte Entscheidung ist leider typisch für die Sozialdemokratie.

Rostbratwürste auf einem Grill

Beliebtes Prinzip bei SPD-Ortsvereinen: Wer was werden will, muss viel Bratwurst essen Foto: dpa

Was hat die verzweifelte Suche der SPD nach einem schlagkräftigen Kanzlerkandidaten mit Johanna Uekermann zu tun? Mehr, als es den Anschein hat. Uekermann, 29 Jahre, ist Juso-Vorsitzende und eine der prominenteren Vertreterinnen des linken Parteiflügels. Uekermann kann pointiert reden, sie kämpft für Rot-Rot-Grün und sie schreckt nicht davor zurück, sich mit Parteichef Sigmar Gabriel anzulegen, wenn es ihr angebracht erscheint.

Diese junge, ambitionierte und kluge Frau hat die Bayern-SPD am Wochenende auf eine Weise abgestraft, die typisch für die Personalentwicklung in der Sozialdemokratie ist. Uekermann bewarb sich auf dem Landesparteitag in Bayern um einen sicheren Listenplatz für den Bundestag, fiel bei den Delegierten durch und landete auf den chancenlosen hinteren Rängen.

Der Bayern-SPD war der fein austarierte Regionalproporz wichtiger als die Aussicht auf frischen Wind im Parlament. Sie bedient lieber kleinteilige Egoismen der Bezirke, die Anspruch auf Abgeordnetenplätze erheben, statt auf die Außenwirkung zu schauen. Diese Entscheidung hat etwas Ängstliches, sie wirkt, als hätten da Politikbeamte getagt.

Leider ist diese Mutlosigkeit typisch für die SPD. Wer aufsteigen will, muss Ausdauer haben und jahrelang Bratwürste auf Ortsvereinsfesten grillen. Das Mandat für den Land- oder Bundestag bekommt nämlich der oder die, die schon lange dabei ist, es also „verdient“ hat. Ehrgeizige junge Leute werden dagegen misstrauisch beäugt, wer – wie Uekermann – prominent in der Öffentlichkeit auftritt, erntet Neid, keine Bewunderung.

Eine so ideenlose Personalpolitik fördert das Mittelmaß, Leute also, die alle mögen und keinem gefährlich werden. Die Folgen sind für eine schrumpfende Volkspartei nicht zu unterschätzen, denn sie wirken in die Zukunft. Solange SPDler Leute wie Uekermann fallen lassen, sollten sie nicht allzu laut darüber klagen, wenn mal wieder kein guter Kanzlerkandidat in Sicht ist.

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Ulrich Schulte, Jahrgang 1974, schrieb für die taz bis 2021 über Bundespolitik und Parteien. Er beschäftigte sich vor allem mit der SPD und den Grünen. Schulte arbeitete seit 2003 für die taz. Bevor er 2011 ins Parlamentsbüro wechselte, war er drei Jahre lang Chef des Inlands-Ressorts.

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