Luka Modric und „Football Leaks“: Überall auf dem Radar

Vor dem Spiel gegen Dortmund wird Luka Modric in Madrid angebetet. Nun soll der Kroate zu den Steuerbetrügern bei Real zählen.

Zwei Fußballspieler kämpfen um den Ball

Auf dem Feld: Reals Luka Modric gegen Dortmunds Christian Pulisic im September 2016 Foto: ap

MADRID taz | Es ist das Jahr 2016, und Luka Modric trägt Mittelscheitel zur rotblonden Haarmatte. Keine Tattoos, kein Glamour, keine Salonauftritte, keine Sponsorentweets. Der 31-Jährige repräsentiert den Typ, der oft nostalgisch als Fußballer der alten Schule bezeichnet wird.

Dann kam der Dienstagmorgen, und die Zeitung El Mundo verblüffte auf der Titelseite mit der Nachricht, dass auch dieser Modric seine Geheimnisse haben könnte. Aus den „Football-Leaks“-Dokumenten soll hervorgehen, dass er über eine auf seine Frau Vanja angemeldete und nach seinem Sohn Ivano benannte Briefkastenfirma in Luxemburg die Einkünfte für seine Bildrechte am spanischen Fiskus vorbeischmuggelte. Bereits seit Januar soll ein Untersuchungsverfahren der Steuerbehörden laufen.

Die Enthüllungen kommen in einem Moment, in dem sich nicht nur Modric selbst „den besten Fußball meiner Karriere spielen“ sieht. Auch Kollegen und Medien feiern den 31-jährigen Kroaten als „wichtigsten Spieler von Real“, wie kürzlich Gabi, Kapitän des Lokalrivalen Atlético, hervorhob. „In den letzten drei Jahren gab es bei Madrid keinen besseren Fußballer“, unterstrich die Sportzeitung As nach seiner Vorstellung am Wochenende beim FC Barcelona. Von den Zuschauern im Estadio Santiago Bernabéu wird er geradezu angebetet. Als er Anfang November nach einer Verletzungspause zum ersten Mal wieder eingewechselt wurde, erhoben sie sich zu einer Ovation, wie sie etwa ein Ronaldo bei allem Kult noch nie erhielt.

Da ist es vor dem Champions-League-Duell gegen Borussia Dortmund umso schmerzhafter, dass nun auch seine Gesetzestreue in Zweifel steht. Die Debatte insbesondere um Ronaldo und seine angeblich bis zu 150 Millionen Euro offshore geparkten Einkünfte wirft ja sowieso nicht nur ein schlechtes Licht auf die spanische Justiz, die bis zuletzt die Veröffentlichungen der Football-Leaks-Daten in Spiegel und El Mundo mit richterlichen Unterlassungsanordnungen zu verhindern versuchte.

Auch Real Madrid gerät unter Druck – sind doch weitere aktuelle (außerdem: Pepe, Fábio Coentrão) und ehemalige (José Mourinho, Mesut Özil) Klubgrößen von den Enthüllungen betroffen, die sich offenbar einem Datenleck bei der Steuerkanzlei Senn Ferrero verdanken. Die wurde von einem ehemaligen Real-Generaldirektor gegründet, und dort soll auch dem Vater von Martin Ödegaard ein Sparmodell über Luxemburg angeboten worden sein, als sein Sohn im Januar 2015 zu Real wechselte. Der Norweger lehnte ab, unter anderem aus „moralischen Gründen“, wie es in den Publikationen heißt.

Privileg der großen Künstler

Modric galt in dieser Lage eigentlich als Bastion dafür, dass auch noch über Fußball gesprochen wurde. Im Clásico bot er eine so komplette Darbietung, wie man sie von einem Mittelfeldspieler nur erwarten kann. Modric war überall, eroberte Bälle, eröffnete das Spiel, kümmerte sich nebenher um die Bewachung von Lionel Messi, hielt nach dem Rückstand phasenweise allein die Gegenwehr aufrecht und legte in der letzten Minute mit einem punktgenauen Freistoß den Ausgleich auf. Danach stand er mit seinen 1,74 Metern in der Interviewzone, schaute aus seinen tiefen Augenhöhlen und sagte mit seinem harten slawischen Akzent und bedeutungsschwangerer Stimme: „Wenn wir bei unserer Qualität auch noch so kämpfen, sind wir kaum zu schlagen.“

Er ist auch ein Fighter, das wird zuweilen übersehen, weil er am Ball alles kann und so genial den Außenrist einsetzt, Privileg der großen Künstler. Andererseits ist es nur logisch, wenn man seine Biografie kennt. Als er sechs Jahre alt war, wurde sein Großvater – Luka – von serbischen Aufständischen erschossen, die Familie musste fliehen. Die ersten Sporen verdiente er sich bei Zrinjski Mostar im noch kriegsgeplagteren Bosnien. „Wer es da schafft, kann es überall schaffen“, sagte er. Modric triumphierte bald in Zagreb, in der Nationalelf, bei Tottenham und seit 2012 bei Madrid.

Zidane sieht in dem kleinen Spielmacher eine Art Wiedergänger seiner selbst

Als „Traum jedes Trainers“ hat ihn sein Spurs-Coach Harry Redknapp mal bezeichnet. Real-Trainer Zinédine Zidane baute zu Modric schon als Assistent ein besonderes Verhältnis auf, nach dem Training blieben beide oft noch alleine da und übten Distanzschüsse. Schon damals sah er in dem kleinen Spielmacher eine Art Wiedergänger seiner selbst, die gleiche Mischung aus Klasse, Technik und Arbeitsethos. Zumal derzeit ohne den verletzten Toni Kroos, ist Modric bei Real der Mittelpunkt auf dem Platz. Daneben wäre er wohl liebend gern unter dem Radar geblieben.

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