Verfassungsfeindliche „Reichsbürger“: Nur teilweise unter Beobachtung

Eine vollständige Überwachung der Bewegung bleibt aus. Die Verfassungsschützer der einzelnen Bundesländer schätzen die „Reichsbürger“ höchst unterschiedlich ein.

Blick auf ein Haus, in dem im Oktober ein Reichsbürger bei einer Razzia mehrere Polizisten angeschossen hatte, von denen einer seinen Verletzungen erlag.

Im bayerischen Georgensgmünd erschoss im Oktober 2016 ein „Reichsbürger“ einen Polizisten Foto: dpa

BERLIN dpa | Auch nach den tödlichen Schüssen eines „Reichsbürgers“ auf einen Polizisten steht die Bewegung nur in wenigen Bundesländern vollständig unter Beobachtung. Diese schätzen die „Reichsbürger“ höchst unterschiedlich ein. So beobachtet etwa der Verfassungsschutz in Niedersachsen nicht alle Mitglieder, hat jedoch rund 25 Personen einer Gruppierung im Visier, die sich als „Exilregierung Deutsches Reich“ bezeichnet.

Der Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt habe ab sofort alle Anhänger im Visier, teilte das Innenministerium in Magdeburg mit.

Auch in Hamburg wurden die Anhänger der Bewegung laut Verfassungsschutz sämtlich als verfassungsfeindlich identifiziert. In Brandenburg werde derzeit überlegt, ob die gesamte Szene unter Beobachtung gestellt werden sollte, so das Innenministerium.

In Rheinland-Pfalz werden die rund 100 „Reichsbürger“ derzeit nicht nachrichtendienstlich verfolgt. Der Verfassungsschutz habe diese Menschen aber „im Blick“ und werte öffentlich zugängliche Quellen aus, teilte das Innenministerium in Mainz mit.

Auch in Sachsen sind die Reichsbürger bislang insgesamt kein Objekt des Verfassungsschutzes. Beobachtet werden nur diejenigen, die sich auch in der rechtsextremen Szene aktiv sind. In Baden-Württemberg prüfe man derzeit noch, ob die Bewegung „zum nachrichtendienstlichen Beobachtungsobjekt erhoben werden kann“, hieß es.

Rund 500 „Reichsbürger“ in Thüringen

Der Verfassungsschutz in Bayern ordnet 30 bis 40 sogenannte Reichsbürger der rechtsextremen Szene zu. In den vergangenen Monaten sei die Beobachtung intensiviert worden, sagte Verfassungsschutzpräsident Burkhard Körner, nachdem im Oktober ein „Reichsbürger“ einen Polizisten erschossen hatte. „Wir werden auf diesem Weg nun mit noch größerem Nachdruck vorangehen.“

Auch der Thüringer Verfassungsschutz will künftig mehr Anhänger der Bewegung ins Visier nehmen. „Angesichts der jüngsten Ereignisse erscheint es geboten, den Beobachtungskreis weiter zu fassen“, erklärte eine Sprecherin kürzlich. Bislang habe der Verfassungsschutz nur dann ein Auge auf Gruppierungen, wenn es antisemitische Züge oder Verquickungen mit der rechtsextremen Szene gebe. Insgesamt ließen sich der Bewegung in Thüringen bis zu 500 Anhänger zuordnen.

Auch in Nordrhein-Westfalen werden zurzeit 300 „Reichsbürger“ überprüft. In Bremen habe des Verfassungsschutz die Bewegung bereits seit 2014 im Fokus. Verfassungsschutzchef Dierk Schittkowski geht von „mehr als zwei Handvoll“ Mitglieder aus.

Die Reichsbürger wurden bisher als zersplitterte und heterogene Bewegung angesehen, ihre Überwachung deshalb den Ländern überlassen.

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