Hans-Christian Ströbele zu Castros Tod: „Wir haben die Revolution idealisiert“

Die Meinungsfreiheit muss erhalten werden – auch in revolutionären Zeiten: der Bundestagsabgeordnete Hans- Christian Ströbele zum Tod von Fidel Castro.

Christian Ströbele

„Fidel Castro und Che Guevara waren für uns die erfolgreichen Revolutionäre und Hoffnungsträger“, sagt Christian Ströbele Foto: dpa

taz: Herr Ströbele, Fidel Castro ist tot. Haben Sie den comandante en jefe de la Revolución cubana jemals persönlich getroffen?

Christian Ströbele: Leider nein. Ich habe es mehrfach versucht, aber es hat nie geklappt.

Woran hat es gelegen?

Keine Ahnung. Kuba ist ein extrem bürokratischer Apparat. Der ist zum Teil noch schlimmer, als die DDR es war.

Wie oft waren Sie in Kuba?

Zwei, drei Mal in den früheren Zeiten und dann später noch mehrfach als Bundestagsabgeordneter. Das letzte Mal vor eineinhalb Jahren.

Frühere Zeiten – wann war das?

Ich gehöre zu der Apo-Generation, die in den 60er und 70er Jahren in Deutschland, Europa und den USA für eine radikale Veränderung der Verhältnisse auf die Straßen gegangen ist. Fidel Castro und Che Guevara waren für uns die erfolgreichen Revolutionäre und Hoffnungsträger. Die USA haben damals die Militärdiktaturen und Folterregime in Lateinamerika massiv unterstützt, zum Teil haben sie sie auch installiert. Außerdem gab es den Vietnamkrieg. Wir haben gehofft, dass ein direkter Guerilla-Widerstand wie in Kuba die Lösung der Probleme sein kann.

Erinnerung an Castro

Verehrter Mann: Blumen für den verstorbenen Castro Foto: dpa

Dann kam das böse Erwachen?

Das kann man wohl sagen. Wir haben die Revolution schon ziemlich idealisiert. In der ersten Zeit waren sogar Genossen – so hieß das damals – nach Kuba gefahren, um bei der Zuckerrohrernte mitzuhelfen. Was sich dort dann aber entwickelt hat, war ein Sozialismus zum Abgewöhnen. Das war für uns schon sehr enttäuschend.

Warum wollten Sie Castro dann unbedingt noch mal treffen?

77, ist grüner Bundestagsabgeordneter. Vier Mal hat der Anwalt in Friedrichshain-Kreuzberg das Direktmandat geholt.

Er ist eine historische Figur. Viele, die ihn getroffen haben, haben erzählt, dass er sehr eloquent und überzeugend argumentiert. Die negative Entwicklung in Kuba soll er mit dem Handelsembargo begründet haben, das die USA und der Westen über 50 Jahre gegen Kuba verhängt hatten. Dem Land hat das ungemein geschadet.

Was bleibt von Fidel Castro?

Die Lehre ist: Auch in revolutionären Zeiten muss man die Meinungsfreiheit erhalten, sonst fehlt das Korrektiv.

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