Buch über Rechtspsychologie: Falsche Erinnerungen

Das Gedächtnis ist nicht so präzise wie allgemein vermutet wird. Auch vor Gericht wird oftmals etwas beschrieben, was es so nie gegeben hat.

Mikrofon für den Zeugen im Gerichtszahl

Und man merkt es gar nicht, wenn die Erinnerungen einen zu einer falschen Aussage verleiten Foto: imago/biky

BERLIN taz | Seit 40 Jahren weiß die Psychologie, dass wir viele Episoden unseres eigenen Lebens ausschmücken, verändern, frei erfinden oder uns einreden lassen. Und dann völlig von deren Wahrheit überzeugt sind. Das sind falsche Erinnerungen, nachgewiesen in gut 3.000 wissenschaftlichen Publikationen zum episodischen Gedächtnis.

Im richtigen Leben beeinflussen falsche Erinnerungen Gerichtsprozesse, haben Familien zerstört – Stichwort sexueller Missbrauch – und Psychoanalytiker in Aufruhr versetzt. Neuerdings kann man sie ein Jahr in Maastricht studieren, Abschluss Rechtspsychologe. Wie Julia Shaw. Das macht neugierig auf ihr Buch, das die Forschung vorzustellen verspricht.

Doch Shaw berichtet zwar über aktuelle Ergebnisse zum Thema, aber deren Zusammenhang bleibt seltsam blass. Dafür schreibt sie auch über nicht-episodische Gedächtnisaspekte und neurowissenschaftliche Basics, leider kursorisch und nicht durchwegs korrekt.

Julia Shaw: „Das trügerische Gedächtnis. Wie unser Gehirn Erinnerungen fälscht“. Carl Hanser Verlag, München, 2016, 304 Seiten, 22 Euro

Pfiffig und gut wird sie dort, wo sie begeistert von ihrer eigenen Arbeit erzählt: Zeugenaussagen begutachten, Polizisten in Gesprächstechnik weiterbilden und forschen. So brachte sie selbst 70 Prozent ihrer Probanden dazu, sich an eine ernsthafte kriminelle Handlung samt Polizeieinsatz zu „erinnern“, die nie geschehen war: Raub oder Gewalttat. Hätte sie das durchgehalten und in die Fachgeschichte eingeordnet, es wäre ein richtig gutes Buch geworden.

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