Wirtschaftsminister im Iran abgeblitzt: Keine Lust auf Gabriel

Der iranische Parlamentspräsident lässt den deutschen Vizekanzler sitzen. Der spricht hinterher von einem Wahlkampfmanöver.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel steigt in Teheran in seinen Wagen

Sigmar Gabriel hat kaum Kritik an Irans Haltung zu Israel und den Menschenrechten geäußert – und war doch nicht bei allen im Iran willkommen Foto: dpa

TEHERAN/BERLIN taz | Unfreiwilliges Sight-Seeing in Teheran: Kurz vor dem Ende seiner dreitägigen Iran-Reise besichtigte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Dienstagvormittag den Golestsan-Palast, einen mosaik-verzierten Prunkbau im Zentrum der Stadt. Es war ein spontaner Abstecher um die Zeit bis zum Abflug nach Berlin zu überbrücken – denn eigentlich wollte sich der Vizekanzler zu diesem Zeitpunkt mit Parlamentspräsident Ali Laridschari treffen.

Der ließ den Gast aber sitzen. Kurzfristig sagte Laridschari das Treffen am Dienstag ab. Eine offizielle Begründung wurde vorerst nicht bekannt, Gabriel selbst spekulierte während seines Rückflugs über innenpolitische Ursachen.

„Das ist Teil des inner-iranischen Wahlkampfes. Ich fühlte mich angemessen aufgenommen, insbesondere durch das Gespräch mit dem Vizepräsidenten“, sagte der Wirtschaftsminister.

Im Mai 2017 stehen im Iran Präsidentschaftswahlen an. In der Bundesregierung hofft man, dass Präsident Hassan Rohani wiedergewählt wird, mit dessen Stellvertreter sich Gabriel am Montagabend getroffen hatte. Im Vergleich zu möglichen Kandidaten aus dem konservativen Lager gilt Rohani als das kleinere Übel; seine Regierung stimmte im Juli 2015 dem lange verhandelten Atomabkommen zur Eindämmung des iranischen Nuklearprogramms zu.

Leise Bemerkung zu Israel empört Justiz-Chef

Hardliner und Konservative dagegen lehnen die außenpolitische Öffnung des Landes eher ab. Zuletzt wetterten sie vermehrt gegen das Atomabkommen, das dem Iran bisher nicht den erhofften Wirtschaftsaufschwung bescherte.

Parlamentspräsident Laridschani, der den Vizekanzler nun versetzte, gehört dem gemäßigt konservativ Spektrum an. Da mehrere seiner Brüder ebenfalls wichtige Posten im politischen System innehaben, gilt er als einflussreich. Auch deswegen suchte Gabriel das Gespräch mit ihm.

Dass es Probleme geben könnte, hatte sich aber schon vor der Gesprächsabsage vom Dienstag angedeutet. Vor seiner Reise hatte Gabriel die iranische Regierung öffentlich aufgefordert, die Beziehungen zu Israel zu normalisieren. Auf Kritik stieß das unter anderem bei Laridschani-Bruder Amoli, dem Chef des iranischen Justizsystems. „Wäre ich an der Stelle der Regierung, hätte ich diesem Minister die Einreise verweigert“, sagte er am Montag.

Harsche Kritik am deutschen Vizekanzler kam in den vergangenen Tagen allerdings nicht nur aus dem Lager der Konservativen. Vor der Iran-Reise hatte Gabriel auch die gravierende Menschenrechtslage im Land angesprochen.

Keine Kritik erwünscht

„Wir erlauben keinem Land, sich in unsere internen Angelegenheiten einzumischen“, sagte daraufhin der Sprecher von Mohammad Sarif – dem Außenminister der Regierung Rohani, der das umstrittene Atomabkommen selbst ausgehandelt hatte.

Gabriel war mit rund 120 Wirtschaftsvertretern nach Teheran gereist. Ziel war es, den deutsch-iranischen Handel anzukurbeln, der nach dem Ende der Atom-Sanktionen nur langsam in die Gänge kommt. Gabriel hofft, Rohanis Regierung durch gemeinsame Wirtschaftsprojekte stabilisieren zu können.

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