Entwicklung im Frauenradsport: Es tut sich was

Der Frauenradsport wird immer professioneller. In Doha ist nun die junge Dänin Amalie Dideriksen überraschend Weltmeisterin geworden.

Rennradfahrerinnen fahren auf einer Straße ins Ziel

Zu zweit an der Ziellinie: Die Dänin Amalie Dideriksen fährt der Holländerin Kirsten Wild weg Foto: ap

DOHA taz | Gewöhnlich fährt Amalie Dideriksen im niederländischen Team Boels Dolmans die Sprints für ihre Kolleginnen an. Auf dem Kurs in Doha hatte die junge Dänin aber freie Hand. Sie war eindeutig die Nummer 1 ihres Nationalteams. „Ich musste nicht zum Wasserholen. Meine Mannschaftskolleginnen haben mich super versorgt“, erzählte sie.

Der Job des Wasserflaschen-Holens war bei diesem Rennen noch wichtiger als sonst. Zum einen führte die Hitze zum beinahe verdoppelten Verbrauch – sie seien bepackt wie Kamele losgefahren, erzählte etwa die deutsche Starterin Mieke Kröger –, zum anderen waren die Verpflegungsstellen auf dem kurvigen Rundkurs auf The Pearl so eng angelegt, dass manche Fahrerinnen daneben griffen und es in den Nachwuchsrennen an dieser Stelle auch zahlreiche Stürze gab. Zumindest von dieser Gefahrenzone wurde die junge Frau aus Kastrup ferngehalten.

Im Finale hielt sie sich dann clever im Schatten des zwölfbeinigen niederländischen Sprintzugs auf, bestückt auch mit Chantal Blaak, für die Dideriksen so manches Mal die Vorarbeit leistete. Dideriksen ergatterte schließlich das Hinterrad der bisherigen Abonnementssiegerin in Katar, Kirsten Wild, und überspurtete die große Favoritin. Vier Mal hatte Wild zuvor die Ladies Tour of Qatar gewonnen, zehn Etappensiege bei dem Rennen geholt – wenn jemand die Verhältnisse hier kennt, dann sie.

Hinzu kam die starke niederländische Mannschaft, die das Rennen komplett im Griff hatte. Die wenigen Attacken, die gestartet wurden, geschahen meist mit Beteiligung der Oranje-Frauen. Auch das Finale bestimmten sie derart, dass manche Konkurrentin schon neun von ihnen im Sprintzug zählte, obgleich nur insgesamt acht an den Start gegangen waren.

Fast wäre es wieder eine Geisterfahrt gewesen

„Der Frauenradsport hat in den Niederlanden eine enorme Breite. Schon die Teilnehmerzahlen bei den Nachwuchsrennen sind beeindruckend. Und dann ist auch die Ausbildung sehr gut“, führte Exweltmeisterin Lisa Brennauer als Gründe für die Stärke der Nachbarn an.

Die deutschen Starterinnen haderten etwas damit, dass es am Ende zum Massensprint gekommen war. „Wir wollten in einer kleineren Gruppe ankommen, 30 bis 40 Fahrerinnen. Da hätte Lisa dann auch eine bessere Chance gehabt“, meinte Altmeisterin Trixi Worrack. „Aber es war einfach sehr schwer, wegzukommen. Das Tempo im Feld war gleichmäßig hoch. Um bei Tempo 50 wegzukommen, musst du schon 55 oder 60 Stundenkilometer draufhaben“, erläuterte sie. So war das Feld für die Top-Sprinterinnen frei und Brennauer kam über Platz 12 nicht hinaus.

Wie leider schon gewohnt bei dieser WM, hielt sich das Zuschauerinteresse auch am Samstag in Grenzen. Wenn nicht die ausgestiegenen Fahrerinnen noch eine Weile an der Strecke geblieben wären und dem Rennen zuguckten, hätte es sich um eine erneute Geisterfahrt gehandelt. Unter denen, die lange gucken konnten, waren die kuwaitischen Sportlerinnen. Sie stiegen als Erste, Zweite und Fünfte aus dem Rennen aus – und deuteten damit an, dass der Frauenradsport im arabischen Raum tatsächlich erst ganz am Anfang steht.

Vizeweltmeisterin Kirsten Wild

„Das Niveau wird jedes Jahr besser“

Während die Radsportentwicklung auch im Gastgeberland Katar noch sehr langsam vonstatten geht, sind die Profirennfahrerinnen aus Europa mit den Fortschritten bei ihnen durchaus zufrieden. „Das Niveau wird von Jahr zu Jahr zu besser, weil es mehr professionelle Teams gibt, die ihre Fahrerinnen so bezahlen, dass sie sich aufs Training konzentrieren können“, meinte Vizeweltmeisterin Wild.

Und die deutsche Starterin Mieke Kröger, noch die aktivste Teilnehmerin in einer ansonsten enttäuschend passiven Truppe, freute sich über neue Frauenrennen wie die Klassiker Lüttich–Bastogne und Flèche Wallone sowie die Ausweitung von La Course – dem an die Tour de France der Männer angeschlossenen Rennen – von einem auf drei Tage.

Es tut sich also etwas im Frauenradsport. Und es scheint, als sei die blutjunge Weltmeisterin Dideriksen zu einem optimalen Zeitpunkt zu ihrem Sport gekommen.

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