Kommentar zu den Anti-Drogen-Kontrollen in Hamburg: Die Law-and-Order-Muckibude

Die Hamburger Treibjagd auf Kleindealer sieht einen getriebenen und einen sprachlosen Senator.

Nächtliche Polizeieinsätze gehören auf St.Pauli seit Wochen zum Straßenbild Foto: dpa

Es ist ein Stück aus dem Tollhaus. Mit einem eminenten Personaleinsatz und hohem Aggressionspotenzial betreibt Hamburgs „Task Force Drogenpolitik“ rund um die Hafenstraße im Stadtteil St. Pauli seit Wochen eine Treibjagd auf kleine Drogendealer, meist Afrikaner. Sie dringt dazu auch mal in voller Kampfmontur in Privatwohnungen Unbeteiligter ein, in die sich die Gejagten geflüchtet haben sollen und bringt mithilfe der Staatsanwaltschaft selbst den Besitz von Kleinstmengen Marihuana zur Anklage.

Als Reaktion verübten nun eine oder mehrere unbekannte AktivistInnen aus dem antirassistischen Spektrum einen Brandanschlag auf zwei Privatwagen von einem für die Einsätze mitverantwortlichen Polizeiführer. Die Eskalationsspirale erinnert an die Auseinandersetzungen an gleicher Stelle in den achtziger Jahren, als polizeiliche Gewalt, politische Halsstarrigkeit und linke Militanz in Hamburg fast zu bürgerkriegsähnlichen Verhältnissen führten.

Hamburgs neuer Innensenator Andy Grote, der selbst auf dem Kiez wohnt, ist für diese Einsätze offiziell verantwortlich. Doch Grote duckt sich weg, nimmt nach wie vor nur selten Stellung zu der von der Polizeiführung angefachten Kleindealer-Vertreibung – die er abnickt und im Zweifelsfall auch öffentlich verteidigt .Dabei wirkt der eher liberale Sozialdemokrat wie ein Getriebener, der seine Rolle im neuen Job noch nicht gefunden hat. „Augen auf bei der Berufswahl!“, möchte man ihm zurufen, doch dazu ist es bereits zu spät.

Und der grüne Koalitionspartner? Dessen Justizsenator Till Steffen palavert gern öffentlich für die kontrollierte Freigabe von Cannabis in Hamburg, obwohl Bürgermeister Olaf Scholz dieser Idee längst eine donnernde Absage erteilt hat. Steffen und seine Parteifreunde kritisieren die Einsätze aber nur hinter verschlossenen Rathaustüren. Als Korrektiv der sozialdemokratischen Law-and-order-Muckibude sind sie so nicht mehr wahrnehmbar.

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