CDU-Kandidaten für den Bundestag: Alle wollen nach Berlin

Bei Hamburgs CDU beginnt das Rennen um die Bundestagsmandate. Auf der Strecke zu bleiben droht Ex-Bürgermeisterkandidat Dietrich Wersich.

CDU-Politiker Dietrich Wersich ktratzt sich an der Nase.

Schlechte Aussichten: Ex-Senator Dietrich Wersich Foto: dpa

HAMBURG taz | Das christliche Hauen und Stechen um ein Bundestagsmandat hat begonnen und das prominenteste Opfer dürfte Dietrich Wersich sein: Vizepräsident der Bürgerschaft, Ex-CDU-Spitzenkandidat bei der Bürgerschaftswahl 2015, zuvor Senator und Staatsrat der Sozialbehörde, seit 1997 Abgeordneter der Bürgerschaft. Im Wahlkreis Hamburg-Nord will er für den Bundestag kandidieren, weil er nach der krachenden Niederlage gegen SPD-Bürgermeister Olaf Scholz mit dem schlechtesten CDU-Ergebnis aller Zeiten von nur 15,9 Prozent keine Perspektive mehr hat. Doch sein Weg nach Berlin ist voller Hindernisse.

Ex-Senator Wersich droht eine weitere Demütigung

Als erstes müsste der 52-Jährige das CDU-Urgestein Dirk Fischer ausstechen, der seit 1980 für den Wahlkreis Nord im Bundestag sitzt. Der 72-Jährige wollte am Dienstagabend im Kreisvorstand der CDU Nord seine Entscheidung bekanntgeben. Erwartet wurde, dass er nach dreieinhalb Jahrzehnten auf eine erneute Kandidatur verzichten wird. Dann aber wird Fischers 31-jähriger Ziehsohn Christoph Ploß antreten, der Wersich dieses Jahr bereits den Vorsitz im CDU-Kreisverband Nord und den Posten des stellvertretenden Landesvorsitzenden abgenommen hat.

Mit einer Kampfkandidatur um ein Bundestagsmandat gegen Ploß ginge Wersich das Risiko ein, diesen beiden Demütigungen eine dritte hinzuzufügen. Doch der freundliche und kultivierte Mediziner aus Winterhude setzt auf die Parteibasis: Bundestagskandidaten werden nach Bundeswahlrecht von der Mitgliederversammlung des Kreisverbands gewählt, nicht von den Delegierten, also von Funktionären, die von oben leicht zu steuern sind.

Bei der Bundestagswahl 2013 wurde in Hamburg die SPD mit 37,8 Prozent der Stimmen stärkste Partei vor der CDU mit 34,4 Prozent. Mandate errangen auch die Grünen (10,6 Prozent) und Die Linke (7,5 Prozent).

Direktmandate errangen für die SPD Johannes Kahrs in Mitte, Matthias Bartke in Altona, Niels Annen in Eimsbüttel, Aydan Özoğuz in Wandsbek sowie Metin Hakverdi in Harburg-Bergedorf. Für die CDU erreichte Dirk Fischer das Direktmandat in Nord.

Über Landeslisten wurden Herlind Gundelach, Jürgen Klimke, Rüdiger Kruse und Marcus Weinberg (alle CDU), Anja Hajduk und Manuel Sarrazin (beide Grüne) und Jan van Aken (Linke) gewählt.

Weitest gehend frauenfreie Zone

Selbst wenn Wersich reüssieren sollte, ist ihm ein Berliner Mandat noch lange nicht sicher. Direkt gewonnene Wahlkreise sind für Hamburgs CDU die Ausnahme. Deshalb müsste zusätzlich ein aussichtsreicher Platz auf der Landesliste her. Auf den ersten beiden Rängen aber sind seit Jahren der Altonaer Marcus Weinberg und der Eimsbüttler Rüdiger Kruse gesetzt – und die wollen das auch bleiben. Dahinter werden heftige Kämpfe toben: Ex-Senatorin Herlind Gundelach aus Harburg-Bergedorf, einzige Frau, will den dritten Platz behalten, die Newcomer Christoph de Vries (Mitte) und Eckard Graage (Wandsbek) wollen ihn haben, Wersich oder Ploß ebenfalls. Mehr als vier Sitze dürfte Hamburgs CDU kaum erringen.

Das Hauen und Stechen wird unfröhlich sein, zumal Marita Meyer-Kainer, Vorsitzende der Frauen-Union, natürlich hinter Gundelach steht. „Wir bestehen auf einem aussichtsreichen Listenplatz“ für mindestens eine Frau, sagte Meyer-Kainer, die zudem selbst auf der Liste kandidieren will. Traditionell ist die Hamburger CDU eine weitest gehend frauenfreie Zone, in der Bürgerschaft sind drei von 20 Abgeordneten weiblich, im Bundestag eine von fünf. „Wir sollten ernsthaft über die Quote nachdenken“, sagte Meyer-Kainer. Die aber wäre für Wersich nur ein weiteres Hindernis.

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