ADFC macht den Parteien-Check: Radspur der Prüfsteine

Der Fahrradclub ADFC hat die Parteien an seinen Forderungen gemessen. Die daraus resultierende Wahlempfehlung ist ziemlich eindeutig.

Beengt, nervig, riskant – der ADFC will, das Radfahren in Berlin endlich sicher ist und Spaß macht Foto: dpa

Die Welt kann manchmal so einfach sein: Wenn Sie wissen wollen, was Sie am 18. September ankreuzen müssen, um die Belange der Berliner FahrradfahrerInnen maximal zu stärken – der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) hat eine Antwort parat: Linke oder Grüne, den Rest vergessen Sie besser. Zu diesem Schluss kommt jedenfalls der ADFC-Landesverband bei der Auswertung der „Wahlprüfsteine“, mit denen er die VerkehrspolitikerInnen aller fünf im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien konfrontiert hat.

Genau genommen schneidet die Linke im Wahl-Check des Clubs am allerbesten ab: Mit der Note 1,3 (auf einer Skala von 1 bis 5) lässt sie die traditionell fahrradfreundliche grüne Konkurrenz (1,4) knapp hinter sich. Die Partei habe „ihre verkehrspolitischen Hausaufgaben gemacht“ und „den ADFC überrascht“, heißt es. Die SPD („kein Mut“) und die Piraten bekommen jeweils eine maue 3,1, die CDU, die dem Radverkehr nur 7 Millionen Euro im Jahr gönnen will, ist mit 4,3 aus ADFC-Sicht akut versetzungsgefährdet.

Messen lassen mussten sich die Positionen der Parteien an einem umfangreichen Forderungskatalog, den der ADFC erarbeitet und gestern vorgestellt hat. Vieles darin erinnert an die Inhalte des von der Initiative Volksentscheid Fahrrad vorgelegten Gesetzentwurfs – kein Wunder, denn nach inneren Grabenkämpfen hatte eine Mitgliederversammlung die Lobbyorganisation im März mit großer Mehrheit beschlossen, den Volksentscheid inhaltlich und organisatorisch zu unterstützen.

Räder sollen Chefsache werden

Wie Frank Masurat vom Landesvorstand erläuterte, ist es dem ADFC ein besonderes Anliegen, dass der Radverkehr zur „Chefsache“ erklärt wird. Denn es soll endlich rollen auf Berlins Straßen, pedalgetrieben, versteht sich. Damit bei der Umsetzung der von fast allen Seiten für gut und richtig befundenen Radverkehrsstrategie des Senats endlich der Knoten platzt, schwebt dem Fahrrad-Club die Schaffung einer zentralen Organisation vor, die bezirksübergreifend den Ausbau der Infrastruktur planen und koordinieren soll. Im Grunde ist das dieselbe Idee, die auch Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) seit einigen Monaten vor sich her trägt: Er würde gerne die Parkmanagement-Profis der landeseigenen Grün Berlin GmbH für diese Aufgabe gewinnen.

„Mindestens 40 Millionen Euro im Jahr“ sollen an Haushaltsmitteln für den Radverkehr bereitgestellt werden, so der ADFC. Mit dem „mindestens“ hebt er sich vom Vorstoß des BUND ab, der im Rahmen seines Kompromissvorschlags im Konflikt zwischen den Volksentscheid-AktivistInnen und dem Senat exakt diese Summe fordert. Und sollte in einem Jahr einmal weniger Geld ausgegeben werden, dürfe der nicht ausgegebene Betrag nicht verfallen, sondern müsse in den Folgejahren draufgeschlagen werden, heißt es im ADFC-Forderungspapier.

Zu schaffen wären im Übrigen 10 neue Stellen bei der Senatsverwaltung sowie insgesamt 24 bei den Bezirksämtern. Die Fahrradstaffel der Polizei soll auf 100 Beamte aufgestockt werden, die bezirklichen Ordnungsämter sollen jeweils 10 Kräfte erhalten. Die würden sich gezielt mit der Freihaltung von Radverkehrsanlagen beschäftigen.

Die Bezirke sollen künftig erklären müssen, warum sie dafür geeignete Straßen nicht zu Fahrradstraßen machen

Auch alles Weitere – breite Radwege an den Hauptstraßen, neue Schnellwege, Grüne Wellen, sicherere Kreuzungen oder mehr Stellplätze – entspricht in der Substanz dem Radgesetz-Entwurf des Volksentscheids. Was beim ADFC fehlt, ist die klare Quantifizierung. Dafür steht als interessanter neuer Vorschlag eine Umkehr der Begründungspflicht im Dokument: Sobald eine Nebenstraße alle formalen Kriterien erfüllt, müsste der Bezirk künftig erklären, warum er sie nicht zur Fahrradstraße umwandelt.

Was aber, wenn eine neue Koalition die Forderungen des ADFC tatsächlich in ihre Regierungsvereinbarung aufnähme? Würde der Fahrrad-Club dann die Volksentscheids-Initiative mit ihren noch radikaleren Zielen trotzdem unterstützen? So hypothetisch dieser Fall für die Landesvorsitzende Eva-Maria Scheel ist, schließt sie eine Neubewertung der Situation nicht aus: „Darüber müsste dann eventuell eine weitere Mitgliederversammlung abstimmen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.