Kommentar Abtreibungsurteil in den USA: Rechtsverdreher abgestraft

Republikanisch geführte Bundesstaaten versuchen, verbriefte Rechte auszuhebeln. Für sie ist das Urteil eine Abstrafung. Doch sie geben nicht auf.

DemonstrantInnen vor dem Surpreme Court

Fader Beigeschmack: DemonstrantInnen vor dem Surpreme Court Foto: dpa

Es ist ein wichtiger Sieg für die Frauenrechte, was der oberste Gerichtshof der USA am Montag verkündete. Mit fünf zu drei Stimmen erklärten die Richter*innen die Gesetzgebung in Texas für verfassungswidrig, die Frauen eine Abtreibung unerträglich erschwert hatte.

Und doch bleibt nach dem Urteil ein schaler Beigeschmack. Wäre im Februar nicht der konservative Richter Antonin Scalia gestorben, sondern sein ebenfalls bereits 80-jähriger Kollege Anthony Kennedy, dann wäre jetzt vier zu vier abgestimmt worden. Damit wäre automatisch das Urteil der unteren Instanz bestehen geblieben, mit dem die texanischen Gesetze abgesegnet worden waren. Ein Unding.

Nicht einmal die texanischen Politiker, die für die Gesetze geworben hatten, versuchten ernsthaft, ihr Anliegen zu verhehlen. Überaus oberflächlich behaupteten sie, es ginge ihnen um die Gesundheit der Frauen, um schon im nächsten Atemzug von einer Welt ohne Abtreibung zu schwafeln, zu der die Gesetze beitragen sollten.

Damit haben sie quasi wortwörtlich jenen Tatbestand erfüllt, welchen der oberste Gerichtshof schon vor vielen Jahren als unzulässig ausgeschlossen hat: den Frauen unnötige Bürden bei der Wahrnehmung ihres garantierten Rechts auf Abtreibung aufzuerlegen.

Darüber hätte es gar keine Diskussion geben dürfen – denn eigentlich ist die Rechtslage hier eindeutig.

Aber die wirkliche Welt ist anders. Immer mehr republikanisch geführte Bundesstaaten versuchen, verbriefte Rechte durch Ausführungsgesetze auszuhebeln. Dabei geht es nicht nur um das Recht auf Abtreibung, sondern beispielsweise auch um die Homo-Ehe. Allein, was Abtreibungen angeht, gibt es vergleichbare Vorhaben und Regelungen in fast zwei Dutzend weiteren Staaten, wenn auch nicht in so striktem Ausmaß wie in Texas.

Für sie alle ist das Urteil zwar eine Abstrafung. Es deutet allerdings nichts darauf hin, dass sie es nicht weiter versuchen werden.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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