Strategiedebatte Rot-Rot-Grün: Gabriel blinkt beinahe links

SPD-Chef Gabriel wird von Jusos, Grünen und Linken für seinen Vorstoß für ein Linksbündnis 2017 gelobt. Alles klar bei der SPD? Nicht ganz.

Profil Sigmar Gabriel

Klares Signal: Wenn man genau hinschaut, blinzelt Sigmar Gabriel hier nach links Foto: dpa

BERLIN taz | Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat einen mutigen Vorstoß für ein rot-rot-grünes Bündnis 2017 unternommen, das bisher als unwahrscheinlich galt. Irgendwie hat er das aber auch nicht getan. Ausschließen sollte man es aber keineswegs. So in etwa lässt sich die neueste, von Gabriel angestoßene Debatte über ein Bündnis von SPD, Linkspartei und Grünen umschreiben.

Am Montagnachmittag steht Gabriel im Berliner Willy-Brandt-Haus, er antwortet auf Journalistenfragen – und tut so, als sei alles völlig klar. Es gehe ihm um den Kampf gegen Rechts, sagt er. Deutschland brauche eine soziale Bewegung zur Verteidigung der Liberalität des Landes. Wer seinen Gastbeitrag auf Parteitaktik und Koalitionen reduziere, „nimmt die Sache nicht ernst genug“.

War da nicht noch etwas anderes? Am Wochenende und am Montag sorgte ein Debattentext von Gabriel im Spiegel für Aufregung bei SPD, Grünen und Linken. Schließlich schien plötzlich der SPD-Boss für Rot-Rot-Grün zu werben. Auch die Mitte-links-Parteien müssten sich besinnen, schreibt Gabriel da, „um ihren notorischen Missmut, ihre Eitelkeiten und Spaltungen zu überwinden“.

In Europa und Deutschland müssten progressive Parteien und Bewegungen bündnisbereit und miteinander regierungsfähig sein. „Deutschland braucht jetzt ein Bündnis aller progressiven Kräfte.“

„Progressive Politik braucht Partner“

Viele bei SPD, Grünen und Linken lasen das als Lockerungsübung für ein Linksbündnis. „Für progressive Politik brauchen wir Partner“, lobte Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner. „Daher begrüße ich den Vorstoß von Sigmar Gabriel und hoffe, dass er ihn ernst meint.“ Angesichts der Veränderungen im Parteiensystem sei es gut, wenn unterschiedliche Modelle denkbar würden.

Auch von Linkspartei-Fraktionschef Dietmar Bartsch kam verhaltenes Lob. „Sigmar Gabriel hat recht, dass angesichts der Probleme in Deutschland, Europa und der Welt die Mitte-Links-Parteien vor völlig neuen Herausforderungen stehen.“ Um dem Rechtsruck zu begegnen, sei ein sozialer Aufbruch nötig. „Wir werden Gabriel an seinen Taten messen.“

Im linken SPD-Flügel kam der Text ebenfalls gut an. „Sigmar Gabriel rennt mit seinem Vorstoß offene Türen bei den Jusos ein“, sagte Juso-Chefin Johanna Uekermann. „Ich halte Rot-Rot-Grün für machbar, wenn nun ernsthaft mit Grünen und Linken darüber gesprochen wird, was wir mit einer Mehrheit verändern wollen.“ SPD-Bundesvize Ralf Stegner wies per Bild-Zeitung darauf hin, dass es eine Bürgerversicherung, moderne Familienpolitik oder gute Arbeit mit der Union nicht gebe.

Wichtige Union-Politiker hielten Gabriel genüsslich seinen Linkschwenk vor, während die Linkspartei ebenso genüsslich schnelle Konsequenzen forderte. Linke-Chef Bernd Riexinger forderte etwa eine rot-rot-grüne Übereinkunft über einen progressiven Kandidaten für Schloss Bellevue.

Sigmar Gabriel fühlte sich missverstanden. In dem Text stehe ja nicht, dass SPD, Grüne und Linke auf dem Weg seien, einen Präsidenten zu wählen oder die nächste Regierung zu stellen, betonte er im Willy-Brandt-Haus. Angesichts von Gabriels Einordnung gilt in der SPD: Rot-Rot-Grün ist vielleicht doch nicht so okay. Zumindest bis auf Weiteres.

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