Landtagsvizepräsident Sachsen-Anhalts: Kurze Karriere einer AfD-Vorzeigefigur

Daniel Rausch kapituliert schon bei seiner ersten Sitzung. Grund dafür könnte die Desillusionierung über die AfD oder sein Sohn sein.

Daniel Rausch steht hinter André Poggenburg, als der Wulff Gallert die Hand schüttelt

Vielleicht wäre er besser weiter im Hintergrund geblieben: Daniel Rausch (l) Foto: dpa

MAGDEBURG taz | Gerade einmal sieben Minuten lang konnte die AfD den Triumph genießen, im Landtag von Sachsen-Anhalt den Vizepräsidenten zu stellen. Am 12. April hatte die überraschend deutliche Wahl von Daniel Rausch noch für überregionales Aufsehen gesorgt. Der Kandidat der zweitstärksten Fraktion bekam mit 46 Stimmen deutlich mehr Voten als die 25 der AfD. Nun gab er am Mittwochabend bei seinem ersten Auftritt bei einer Landtagssitzung eine so klägliche Vorstellung, dass er nach wenigen Minuten resignierte und die Sitzungsleitung an Präsident Hardy-Peter Güssau zurückgab.

Der 53-jährige Programmierer aus Staßfurt wirkte unsicher und überfordert, als es um die relativ unkomplizierte Besetzung des Jugendhilfeausschusses ging. Die eigene Partei versuchte dabei, einige Kandidaten zu verhindern. Rausch wandte sich in den wenigen Minuten seiner Amtsführung mehrfach hilfesuchend an den Landtagsdirektor und Verwaltungsmitarbeiter. Sein Gestammel beendete Linken-Fraktionschef Sven Knöchel mit dem Antrag, die Sitzung zu unterbrechen. Anschließend erklärte Daniel Rausch gegenüber Präsident Güssau seinen Rücktritt „aus persönlichen Gründen“ und verließ den Landtag.

Derzeit wird noch spekuliert, ob mit diesem Rückzug auch eine Mandatsniederlegung verbunden ist. Die AfD-Fraktion ließ eine entsprechende Anfrage bislang unbeantwortet. Spekuliert wird auch, ob der Krankenhausaufenthalt seines Sohnes Tobias, der ebenfalls für die AfD im Magdeburger Landtag sitzt, eine akute Verstörung bei Daniel Rausch ausgelöst haben könnte. Auch dazu äußerte sich die AfD nicht, ebenso wenig zu der Frage, ob die Fraktion einen eigenen Ersatzkandidaten nominieren wird.

Der zurückgetretene Vizepräsident gilt bei anderen Fraktionen als „völlig unbeschriebenes Blatt“. Vor seinem ersten öffentlichen Auftritt hatte niemand Gelegenheit, ihn persönlicher kennenzulernen. Die Mitteldeutsche Zeitung beschreibt ihn noch vor Wochen nach dem Wahlerfolg der AfD vom 13.März als umgänglich und selbstbewusst. Der aus dem thüringischen Gotha stammende gelernte Werkzeugmacher habe flüssig geredet, viel gelächelt und selbstbewusst gewirkt. Rausch arbeitete zuletzt als CNC-Programmierer in einer Magdeburger Metallbaufirma. In Staßfurt im Salzlandkreis baute die Familie ein altes Haus aus. Die Zeitung berichtet auch von einer Vorliebe des Abgeordneten für Antiquitäten und Zeitzeugen der Vergangenheit.

Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann reiht den Rücktritts-Eklat in das bislang „gruselige“ Auftreten der AfD im Landtag und speziell bei dieser ersten Arbeitssitzung ein. So habe ein Abgeordneter bei einer Debatte über die Maghreb-Staaten mit einem Zwischenruf seine Sympathie für die Todesstrafe bekundet. Daniel Rausch sei von der Fraktion offenbar „in völliger Unkenntnis seines Vermögens“ für das Vizepräsidentenamt nominiert worden.

Fraktionsvorsitzender André Poggenburg hatte allerdings schon im Wahlkampf Probleme eingeräumt, qualifiziertes Personal für die Landesliste zu rekrutieren. Die unklaren Hintergründe des Falles nähren allerdings auch Gerüchte, der aus christlich-konservativen Kreisen der ehemaligen DDR-CDU stammende Rausch könnte in Erkenntnis des wahren AfD-Gesichts auf diese Weise den Rückzug angetreten haben.

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